Malaysia: Zwei Jahre nach Aufhebung der zwingenden Todesstrafe fordert Amnesty International die Regierung zur völligen Abschaffung dieser Strafe auf

Im südostasiatischen Malaysia ist die Todesstrafe seit einiger Zeit nicht mehr vorgeschrieben und ein Hinrichtungsstopp in Kraft. Eine Erklärung der Organisation geht möglichen Ursachen für stockende Fortschritte bei der Beendigung der Todesstrafe nach.

Verschiedene Straftaten, darunter Mord, Drogenhandel, Terrorismus, Entführung und Schusswaffenbesitz, mussten in Malaysia bisher automatisch mit der Todesstrafe geahndet werden. Das heißt, Richterinnen und Richter hatten nicht die Freiheit, alternative Strafen auszusprechen. Im Juli 2023 trat ein Gesetz in Kraft, das die zwingende Verhängung der Todesstrafe abschaffte. Das Gesetz strich die Todesstrafe für sieben Straftatbestände gänzlich und führte für alle Delikte, bei denen die Todesstrafe bislang obligatorisch vorgeschrieben war, einen Ermessensspielraum bei der Strafzumessung ein. Das Gesetz macht in Fällen, in denen die Verhängung der Todesstrafe weiterhin in Betracht kommt, oder in denen eine lebenslange Haftstrafe vorgesehen ist, alternative Strafen möglich. Bei diesen handelte es sich allerdings neben Haftstrafen von 30 bis 40 Jahren auch um Stockhiebe, eine Bestrafung, die gegen das Verbot von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verstößt.

Todesstrafe reformieren?

In Malaysia steht die Todesstrafe seit einiger Zeit auf den Prüfstand. Vor dem Aus der fest vorgeschriebenen Todesstrafe hatte der südostasiatische Staat bereits im Juli 2018 einen generellen Hinrichtungsstopp eingeführt, der bis heute eingehalten wird. Im Laufe des Jahres 2024 wandelten das Bundes- und das Berufungsgericht von Malaysia mehr als 1.000 Todesurteile um. Gleichwohl verhängten Gerichte im gleichen Zeitraum mindestens 24 neue Todesurteile. Ende Januar 2025 saßen 140 Personen in der Todeszelle, darunter 40, gegen die die Todesstrafe wegen Drogenvergehen ergangen war.

Amnesty International hat jetzt, zwei Jahre nach Außerkraftsetzung der obligatorischen Todesstrafe in Malaysia, Bilanz gezogen und die Auswirkungen der Reformen als überwältigend positiv bewertet. So ist ein deutlicher Rückgang bei der Anwendung der Todesstrafe zu verzeichnen, und zwar sowohl im Hinblick auf die Zahl der zum Tode verurteilten Menschen (sie sank um mehr als 1.000), als auch im Hinblick auf den mittlerweile eingeschränkten Umfang an Straftatbeständen, für die der Oberste Gerichtshof noch Todesurteile bestätigte (größtenteils betraf es Morde unter erschwerenden Umständen).

Amnesty International formuliert allerdings auch Kritik unter anderem an der Umsetzung des neuen Ermessensspielraums bei der Strafzumessung und äußert Bedenken hinsichtlich der Beibehaltung von Gesetzen, die gegen die in internationalen Menschenrechtsnormen und -gesetzen festgelegten Beschränkungen der Todesstrafe verstoßen. So ergehen beispielsweise für Drogendelikte Todesurteile und somit für Straftaten, die nicht mit einer vorsätzlichen Tötung einhergehen und die daher nicht die Schwelle der „schwersten Verbrechen“ erreichen, eine Grenze, die das internationale Recht für die Verhängung der Todesstrafe setzt.

Todesstrafe abschaffen

Obwohl die Todesstrafenreformen von 2023 zweifelsohne einen bedeutenden Fortschritt für den Schutz der Menschenrechte im Land darstellen, darf die Aufhebung der zwingenden Todesstrafe nur eine Zwischenetappe auf Malaysias Weg zur vollständigen Abschaffung dieser grausamen Strafe sein. Amnesty International fordert die Regierung in Kuala Lumpur dringend auf, das Hinrichtungsmoratorium umgehend auf unbestimmte Zeit zu verlängern, alle anhängigen Todesurteile umzuwandeln und die Todesstrafe für alle Verbrechen aufzugeben.

Am 9. Juli 2025 beschloss die Regierung, eine Task Force im Rahmen des bestehenden Ausschusses für Strafrechtsreform einzurichten, um eine umfassende Studie zur Todesstrafe durchzuführen. Dies geschah, da die Regierung die Notwendigkeit einer klareren politischen Linie zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe erkannt und im April eine Konsultation der Zivilgesellschaft, darunter Amnesty International Malaysia, gefordert hat. Die Regierung bestätigte außerdem, dass das 2018 verhängte Moratorium für Hinrichtungen weiterhin in Kraft bleibt, im Einklang mit Malaysias Haltung, die Moratoriumsresolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UNGA) zu unterstützen.

Amnesty International begrüßt die Nachricht, fordert aber auch rasche Entscheidungen zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe.

Dagegen

Amnesty International lehnt die Todesstrafe vorbehaltlos, in allen Fällen und unter allen Umständen ab, da sie eine Verletzung des Rechts auf Leben und die ultimativ grausame, unmenschliche und erniedrigende Strafe darstellt.

Mehr dazu

Anlässlich des zweiten Jahrestags des Endes der obligatorischen Todesstrafe in Malaysia hat Amnesty International eine öffentliche Erklärung herausgegeben, die ‒ in englischer Sprache ‒ unter folgendem Link veröffentlicht ist: https://www.amnesty.org/en/documents/act50/9557/2025/en/

29. Juli 2025