Der Kampf gegen die Todesstrafe bleibt unvermindert ein zentrales Anliegen der Vereinten Nationen. Die UN haben die weltweite Kampagne für Menschlichkeit und Achtung der Menschenrechte schon mehrmals mit einer Resolution für ein globales Aussetzen der Todesstrafe unterstützt. Am 17. Dezember 2024 stand eine erneute Abstimmung in der Generalversammlung auf der Tagesordnung. Mit überwältigender Mehrheit nahm das Gremium eine wegweisende Entschließung an, die zu einem sofortigen weltweiten Hinrichtungsstopp (Moratorium) aufruft. Langfristiges Ziel ist die völlige Abschaffung des umstrittenen Rechtsinstruments. Von den 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen stimmten 130 Länder für ein Hinrichtungsmoratorium, 32 dagegen, 22 enthielten sich und neun nahmen an der Abstimmung nicht teil.
Dies ist bereits die zehnte Entschließung seit 2007 zu diesem Thema und sie stieß im Vergleich zu ihren Vorgängerinnen auf die stärkste Zustimmung. Der vorangegangenen Resolution im Dezember 2022 stimmten 125 Staaten zu, was bedeutet, dass nun fünf Pro-Stimmen mehr zu verzeichnen sind. Die Tatsache, dass mehr Länder als je zuvor für die Beendigung von Hinrichtungen gestimmt haben, zeigt, dass die weltweite Abschaffung der Todesstrafe zu einer unausweichlichen Realität wird. Erstmals wurde eine Schwelle von mehr als Zweidritteln aller UN-Mitgliedstaaten durchbrochen, die den Aufruf der UN zur Einführung eines Moratoriums für Hinrichtungen mit dem Ziel der Abschaffung der Todesstrafe unterstützten. Eine Welt ohne Todesstrafe ist aus Sicht von Amnesty International näher als je zuvor. Diese jüngste Abstimmung sendet ein weiteres wichtiges Signal, dass immer mehr Länder bereit sind, Schritte zu unternehmen, um diese grausame, unmenschliche und erniedrigende Strafe ein für alle Mal zu beenden. Das Ergebnis macht auch die zunehmende Isolation der 32 Länder deutlich, die gegen die Resolution gestimmt haben (2022 lehnten noch 37 Staaten die Entschließung ab). Die Staaten, die immer noch an der Todesstrafe festhalten, sollten sofort Hinrichtungen einstellen als Vorstufe zu einem Ende der Todesstrafe.
Nach Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses sagte Chiara Sangiorgio, Expertin von Amnesty International zur Todesstrafe: „Diese Abstimmung markiert einen wichtigen Wendepunkt für Länder auf der ganzen Welt und beweist, dass die UN-Mitgliedsstaaten der Ablehnung der Todesstrafe als rechtmäßige Strafe nach internationalem Menschenrecht immer näher kommen. […] Die beispiellose Unterstützung für diese Resolution zeigt, dass der globale Weg zur Abschaffung nicht aufzuhalten ist. Diese Resolutionen haben erhebliches moralisches und politisches Gewicht und stellen sicher, dass die Art und Weise, wie diese grausame Strafe angewendet wird, weiterhin genau untersucht wird. Diejenigen, die für den Aufruf zu einem Moratorium für Hinrichtungen gestimmt haben, repräsentieren nun eine Zweidrittelmehrheit aller Länder, deren Anzahl von 104 im Jahr 2007 auf nun 130 in diesem Jahr gestiegen ist. […] Amnesty International bedauert jedoch, dass eine Formulierung in den Resolutionstext aufgenommen wurde. So wird das souveräne Recht jedes Staates bekräftigt, seine eigenen Strafen festzulegen, um die Verhängung der Todesstrafe zu rechtfertigen.“
Die Unterstützung für die Resolution nimmt zu
Zu den bemerkenswerten Änderungen im Vergleich zur Vorgängerresolution von Dezember 2022 zählen, dass Antigua und Barbuda sein Abstimmungsverhalten von „Nein“ zu „Ja“ wechselte, während Gabun, Kenia, Marokko und Sambia von „Enthaltung“ zu „Ja“ übergingen. São Tomé und Príncipe, Seychellen, Somalia und Vanuatu, die 2022 nicht anwesend waren, nahmen diesmal an der Abstimmung teil und votierten mit „Ja“. Die Staaten Bahamas, Bangladesch und Demokratische Republik Kongo stimmten bei diesem Votum mit „Enthaltung“ und gaben ihre noch 2022 geäußerte ablehnende Haltung auf. Es gab jedoch auch Rückschritte: Von „Ja“ zu „Enthaltung“ änderten die Staaten Guinea und Uganda ihr aktuelles Votum, während Mauretanien und Papua-Neuguinea von „Enthaltung“ nach „Dagegen“ wechselten. Von „Ja“ zu „Nicht anwesend“ stellten die Zentralafrikanische Republik und die Marshallinseln ihr Abstimmungsverhalten um, von „Dagegen“ zu „Nicht anwesend“: Dominica, Grenada und Syrien und von „Nicht anwesend“ zu „Enthaltung“: Komoren
Wie bei vorangegangenen Abstimmungen lehnten Staaten wie Ägypten, China, Iran, Saudi-Arabien und die USA erneut die Resolution ab.
Auch wenn die Resolution rechtlich nicht bindend ist, hat sie doch ein starkes moralisches und politisches Gewicht. Sie erinnert die Staaten an ihre Zusage, die Abschaffung der Todesstrafe anzustreben. Als die Vereinten Nationen 1945 gegründet wurden, hatten nur acht der damals 51 Mitgliedstaaten die Todesstrafe abgeschafft. Heute haben 113 der 193 UN-Mitgliedstaaten die Todesstrafe für alle Verbrechen beseitigt, 144 Staaten haben sie in Gesetz oder Praxis beendet. Trotz alarmierender Hinrichtungszahlen in Ländern wie Iran, Saudi-Arabien und den USA im Jahr 2023 stellt die Zahl der Staaten, die noch Hinrichtungen durchführen, eine kleine und zunehmend isolierte Minderheit dar. Im Jahr 2023 fanden in 178 der 193 UN-Mitgliedsstaaten keine Hinrichtungen statt, was einem Anteil von immerhin fast 92 Prozent entspricht. Seit der Verabschiedung der letzten Resolution der UN-Generalversammlung im Jahr 2022 schaffte Sambia die Todesstrafe per Gesetz für alle Verbrechen ab.
Noch ist Todesstrafe völkerrechtlich nicht verboten und darf unter bestimmten Umständen immer noch angewendet werden. Die jüngste Abstimmung über ein globales Hinrichtungsmoratorium zeigt jedoch, dass sich unter den Staaten ein Konsens entwickelt, Hinrichtungen als eine mit dem Schutz der Menschenrechte vereinbare Praxis abzulehnen. Die Anzahl der Länder, die die Todesstrafe abgeschafft haben, die abnehmende Zahl der Länder, die die Todesstrafe noch praktizieren sowie die breite Unterstützung, die die UN-Resolution für einen Hinrichtungsstopp erfährt, machen deutlich, dass sich im Rahmen des Völkergewohnheitsrechts eine Norm entwickelt, die die Todesstrafe unter allen Umständen verbietet. Amnesty International setzt sich seit fast fünf Jahrzehnten für die Abschaffung der Todesstrafe ein. Die Organisation lehnt die Todesstrafe in allen Fällen ausnahmslos ab, unabhängig von der Art oder den Umständen des Verbrechens, von Schuld, Unschuld oder anderen Merkmalen des Einzelnen oder von der Hinrichtungsmethode.
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In einer [öffentlichen Stellungnahme] bewertet Amnesty International das Abstimmungsergebnis.