Japan: Gerechtigkeit für den „dienstältesten“ Todestraktinsassen der Welt?

Jüngste Entwicklungen im Fall Iwao Hakamada

Der Japaner Iwao Hakamada wurde wegen Mordes im Jahr 1968 nach einem unfairen Gerichtsverfahren zum Tode verurteilt. Er verbrachte mehr als 40 Jahre in Einzelhaft im Todestrakt und musste jeden Tag damit rechnen, dass ein Hinrichtungsbefehl gegen ihn erlassen wird. Ende März 2014 gab das Bezirksgericht in Shizuoka seinem Antrag auf Wiederaufnahme des Beweisverfahrens nach mehreren Anläufen endlich statt und setzte ihn vorläufig auf freien Fuß. Grund für diese gerichtliche Entscheidung waren neue DNA-Beweise, die ernsthafte Zweifel an der Zuverlässigkeit seiner Verurteilung aufkommen ließen. Die Staatsanwaltschaft legte sofort gegen die Wiederaufnahmeanordnung des Bezirksgerichts Shizuoka Berufung ein. Es folgte ein juristisches Tauziehen über einen Zeitraum von neun Jahren, bis schließlich am 13. März 2023 der Oberste Gerichtshof von Tokio entschied, dass dem 87-jährigen Iwao Hakamada ein Wiederaufnahmeverfahren zu gewähren sei. Am 10. April 2023 beantragte die Staatsanwaltschaft des Bezirks Shizuoka beim ersten Treffen mit der Verteidigung und dem Bezirksgericht Shizuoka zur Vorbereitung des Wiederaufnahmeverfahrens eine Vertagung um drei Monate. Am 10. Juli 2023 kündigten die Staatsanwälte ihre Absicht an, die Schuld von Iwao Hakamada im bevorstehenden Wiederaufnahmeverfahren erneut zu beweisen.

Amnesty International hat sich für Iwao Hakamada jahrelang mit Appellen und Aktionen eingesetzt. Dieser hatte damals nach einem 20-tägigen Verhör durch die Polizei ein „Geständnis“ abgelegt. Später zog er sein Schuldeingeständnis zurück und erklärte in der Verhandlung, die verhörenden Polizisten hätten ihn geschlagen, ihm gedroht und sein Geständnis durch Folter oder andere Misshandlungen erpresst. Zum Vorwurf des erzwungenen Geständnisses kam hinzu, dass die Beweise zusehends konstruiert erschienen. Die Richter ließen sich in dem damaligen Mordprozess davon aber nicht überzeugen. Hakamada wurde für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Norimichi, einer der Richter, die Hakamada seinerzeit verurteilt hatten, erklärte 2007, dass er glaube, Hakamada sei unschuldig.

Hakamadas körperliche Verfassung, wie auch seine psychische Gesundheit, sind mittlerweile schlecht; und seine Schwester, die in seinem Namen handelt, ist 90 Jahre alt. Da die Staatsanwälte einen erneuten Schuldspruch anstreben, ist damit zu rechnen, dass das Wiederaufnahmeverfahren 57 Jahre nach dem Verbrechen langwierig sein wird. Amnesty International lehnt die Todesstrafe unter allen Umständen ab und fordert sowohl eine rasche Lösung als auch sicherzustellen, dass Iwao Hakamada ein ¬faires Urteil erhält.

Die Todesstrafe in Japan

Japan hält an der Todesstrafe fest. Die letzte Hinrichtung fand am 26. Juli 2022 statt, als ein Mann gehängt wurde, der wegen siebenfachen Mordes im Jahr 2008 zum Tode verurteilt worden war. Mit Stand vom 31. Dezember 2022 waren 107 der 116 Menschen in der Todeszelle rechtskräftig zum Tode verurteilt und ihnen droht(e) die Exekution. Die Haftbedingungen in Japan gelten als hart. Todestraktinsassen werden erst am Morgen ihrer Hinrichtung vom bevorstehenden Vollzug der Todesstrafe in Kenntnis gesetzt. Ihre Familien werden in der Regel erst informiert, nachdem die Hinrichtung stattgefunden hat.

Aktiv werden!

Das Wiederaufnahmeverfahren gegen Iwao Hakamada ist längst überfällig und die Ungerechtigkeiten in seinem Fall sind seit Jahrzehnten evident. Amnesty International fordert die japanischen Behörden auf, dafür zu sorgen, dass das Wiederaufnahmeverfahren umgehend eingeleitet und fair durchgeführt wird, um seine Menschenrechte bestmöglich zu schützen. Richten Sie bitte einen [Appell] an den Chefankäger.

26. September 2023