Da es nach wie vor in südostasiatischen Ländern der Norm entspricht, Menschen für bestimmte Verbrechen obligatorisch zum Tode zu verurteilen, wie beispielsweise für Mord, Terrorismus, Entführung, Drogendelikte und „Waffengewalt“, ist die Reform bezüglich der zwingenden Todesstrafe in Malaysia, ein guter und dringender erster Schritt in die richtige Richtung.
Die Reform
Am Montag, den 3. April 2023, hat die Abgeordnetenkammer (Dewan Rakyat) in Kuala Lumpur zwei Gesetzesentwürfen zugestimmt, die u. a. die obligatorische Todesstrafe für bestimmte Verbrechen abschaffen sollen. Eine Woche später stimmte auch der Senat (Dewan Negara) den beiden Entwürfen zu. Nun muss nur noch der König die Gesetze unterzeichnen. Im Detail bedeutet diese Reform, dass Richter und Richterinnen die Angeklagten nicht mehr zwingend bei bestimmten Verbrechen zum Tode verurteilen müssen, sondern alternativ eine jahrzehntelange Haftstrafe und (ein Dutzend) Stockschläge verhängen können. Die Reform bedeutet auch, dass Häftlinge, die bereits zum Tode verurteilt sind, nach Inkrafttreten der entsprechenden Gesetzesänderung grundsätzlich 90 Tage Zeit haben, um eine neue Festsetzung ihres Strafmaßes zu beantragen, auch wenn sie hierfür keine eigenen finanziellen Mittel zur Verfügung haben. Es könnten – nach derzeitigem Stand – wohl ungefähr 840 der ca. 1.300 Häftlinge im Todestrakt eine Überprüfung der gegen sie bestehenden Urteile beantragen.
„Die Todesstrafe hat nicht das gebracht, was sie sollte.“
Der malaysische Justizminister Wan Junaidi Tuanku Jaafar
Diese Novelle ist laut Katrina Jorene Maliamauv (Exekutivdirektorin von Amnesty International in Malaysia) zwar ein erster wichtiger und guter Schritt, aber die Gesetzesänderung sieht keine Abschaffung der Todesstrafe insgesamt vor, sondern nur, dass sie für manche Verbrechen nicht mehr zwingend verhängt werden muss bzw. dass diese als Strafe für einige Delikte entfernt wird. Bisher gab es 33 Verbrechen, welche mit dem Tode bestraft werden (konnten), für 12 davon war die Verhängung der Todesstrafe zwingend vorgeschrieben (z. B. Mord, Terrorismusstraftaten [mit tödlichem Ausgang]), Drogendelikte). Die jetzige Reform bezieht sich also auf die Abschaffung der obligatorischen Todesstrafe für diese 12 Delikte, wobei (wie oben bereits erwähnt) zumeist ein alternatives Strafmaß (Freiheitsstrafe von 30 bis 40 Jahren und Stockschläge) neben der weiterhin möglichen Todesstrafe eingeführt wird.
Desweiteren soll in einigen Fällen, in welchen die Todesstrafe bisher als zwingende oder fakultative Strafe gesetzlich verankert war, diese gänzlich gestrichen werden (beispielsweise für den Tatbestand des versuchten Mordes). Im Hinblick auf Drogendelikte, für welche mit großem Abstand die meisten Todesurteile in Malaysia ergehen, bleibt die Todesstrafe (fakultativ) neben der Alternative der lebenslangen Freiheitsstrafe (und Stockschlägen) bestehen.
Vergangenes und Ausblick
Zurzeit gehen die demokratischen Länder im südostasiatischen Raum wieder vermehrt dazu über, Menschen hinzurichten, wie zum Beispiel in Singapur und Myanmar.
Durch die 2018 neu gewählte politische Führung in Malaysia wurde bereits die Vollstreckung verhängter Todesurteile aufgeschoben und die Regierung versprach, die Todesstrafe in der kommenden Zeit gänzlich abzuschaffen. Zwar wurde das bestehende Moratorium für Hinrichtungen bis dato auch eingehalten, doch die finale Abschaffung der Todesstrafe lässt noch auf sich warten. Die aktuelle Reform könnte also der Anstoß dafür sein, die gegebenen Versprechen tatsächlich einzuhalten und weitere Menschenrechtsverletzungen zu verhindern.
„Unsere Recherchen haben Folter und Misshandlungen, ein Muster von unfairen Prozessen und geheime Hinrichtungen durch Erhängen aufgedeckt. Die Todesstrafe ist ein dunkler Fleck im Justizsystem Malaysias. Das Land hat die Chance, die jahrzehntelanger Grausamkeit und Ungerechtigkeit zu brechen, sein Versprechen einzulösen und die Todesstrafe endlich für alle Verbrechen – einschließlich des Drogenhandels – abzuschaffen“.
Patrick Walder, Kampagnenverantwortlicher zur Todesstrafe bei Amnesty International Schweiz
Amnesty ist dagegen
Amnesty International lehnt die Todesstrafe in allen Fällen ausnahmslos ab, unabhängig von der Art oder den Umständen des Verbrechens, der Schuld, Unschuld oder anderen Merkmalen des Täters / der Täterin oder der vom Staat angewandten Methode zur Durchführung der Hinrichtung.
Mehr dazu:
Bericht von Amnesty International „Fatally flawed: Why Malaysia must abolish the death penalty“, 10. Oktober 2019
https://www.amnesty.org/en/documents/act50/1078/2019/en/