Eine überwältigende Mehrheit der Staaten hat am 13. November 2022 einen Aufruf der Vereinten Nationen (UN) unterstützt, alle Hinrichtungen weltweit zu stoppen. Der Dritte Ausschuss der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UNGA) hatte zuvor einen Resolutionsentwurf angenommen, der ein Moratorium für die Anwendung der Todesstrafe fordert. Amnesty International begrüßt UN-Resolutionen zu diesem Thema und sieht darin eine weitere Bestätigung, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Todesstrafe weltweit abgeschafft wird. Amnesty fordert alle UN-Mitgliedsstaaten nachdrücklich auf, den Resolutionsentwurf zu unterstützen, wenn im Dezember in der Plenarsitzung der UN-Generalversammlung die abschließe Abstimmung ansteht.
Eindeutiges Abstimmungsergebnis
Insgesamt 126 UN-Mitgliedsstaaten haben am 13. November im Dritten Ausschuss für einen weltweiten Hinrichtungsstopp votiert, während 37 dagegen stimmten und 24 sich bei der Abstimmung der Stimme enthielten. Diese Resolution wurde von Australien und Costa Rica im Namen weiterer UN-Mitgliedstaaten eingebracht und von 79 Staaten mitgetragen.
Mehrere Staaten änderten ihr Votum positiv. Ghana, Liberia und Myanmar stimmten dafür, nachdem sie sich bei einer vorangegangen Abstimmung im Jahr 2020 noch der Stimme enthalten hatten. Palau, die Salomonen und Somalia stimmten ebenfalls dafür, nachdem sie vor zwei Jahren bei der Plenarsitzung nicht mitgestimmt hatten. Papua-Neuguinea und Uganda enthielten sich, nachdem sie 2020 noch dagegen votiert hatten.
Nordmazedonien, São Tomé und Príncipe sowie Venezuela, die vor zwei Jahren mit „Ja“ gestimmt hatten, beteiligten sich diesmal nicht an der Abstimmung. Burundi, Gabun und Nigeria enthielten sich der Stimme, nachdem sie 2020 im Plenum nicht votiert hatten. Afghanistan, das im Dezember 2020 dagegen gestimmt hatte, nahm in diesem Jahr nicht an der Abstimmung auf Ausschussebene teil.
Zwei Länder änderten ihr Stimmverhalten zum Negativen, und zwar Lesotho und Jemen wechselten von einer Enthaltung hin zu einer Gegenstimme.
Trotz konsequenter Bemühungen von Vermittlern und anderer Länder, einen akzeptablen Kompromiss zu erzielen, brachte Singapur im Namen einer Gruppe von Staaten einen Änderungsantrag ein und der auch angenommen wurde, der auf das „souveräne Recht“ der Länder verweist, Rechtssysteme zu entwickeln und Strafen zu verhängen, die sie für angemessen halten. Amnesty International lehnt die Aufnahme von Verweisen auf die Souveränität in Menschenrechtsresolutionen ab. Souveränitätsargumente wurden in der Vergangenheit von repressiven Regierungen häufig verwendet, um Fortschritte beim Menschenrechtsschutz auf internationaler Ebene zu behindern.
Wachsende Akzeptanz für ein Ende der Todesstrafe
Seit 2007 hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen acht Resolutionen angenommen, in denen die Einrichtung eines Moratoriums für Hinrichtungen im Hinblick auf die Abschaffung der Todesstrafe gefordert wird. Diese Entschließungen fanden zunehmend regionenübergreifende Unterstützung. Die Resolutionen der UN-Generalversammlung haben ein beträchtliches moralisches und politisches Gewicht. Die fortwährende Auseinandersetzung mit Entschließungen zum Thema Todesstrafe hat deutlich gemacht, dass die Anwendung dieser grausamen Strafe für die internationale Gemeinschaft zu einer wichtigen Menschenrechtsangelegenheit geworden ist.
Die Gesamtzahl der Pro-Stimmen für diese Resolutionen gegen die Todesstrafe ist von 104 im Jahr 2007 auf zuletzt 123 im Jahr 2020 gestiegen. In den Abstimmungsergebnissen spiegelt sich auch der globale Trend gegen diese Strafe wider. Die Zahl der Länder, die von Amnesty International als Abolitionisten für alle Verbrechen eingestuft wurden, ist in der Tat ebenfalls von 90 im Jahr 2007 auf die aktuelle Zahl von 112 gestiegen. Im Jahr 2021 wurden nur in einer kleinen Zahl von Ländern noch Hinrichtungen verzeichnet – insgesamt 18. Von diesen Staaten müssen elf als „notorische“ Henkerstaaten bezeichnet werden, was bedeutet, dass sie in jedem beliebigen Kalenderjahr der vorangegangenen fünf Jahre Hinrichtungen durchgeführt haben. Seit der Verabschiedung des letzten Moratoriumsbeschlusses der Generalversammlung der Vereinten Nationen im Jahr 2020 wurden in allen Regionen weiterhin Fortschritte bei der Überwindung der Todesstrafe verzeichnet. So haben die Zentralafrikanische Republik, Kasachstan und Papua-Neuguinea im Jahr 2022 die Todesstrafe für alle Verbrechen abgeschafft, während Äquatorialguinea sie aus seinem Strafgesetzbuch strich. Im Jahr 2021 verabschiedete das Parlament von Sierra Leone einen Gesetzentwurf zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe und Virginia wurde der 23. Bundesstaat und der erste Südstaat, der die Todesstrafe in den USA aufgab. Armenien und Kasachstan wurden 2021 bzw. 2022 Vertragsstaaten des Zweiten Fakultativprotokolls zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, ein Völkerrechtsabkommen, das auf die Abschaffung der Todesstrafe abzielt. Die US-Regierung hat im Juli 2021 ein vorübergehendes Moratorium für Hinrichtungen auf Bundesebene erlassen während Gambia, Malaysia, die Russische Föderation und Tadschikistan weiterhin offizielle Hinrichtungsstopps einhalten.
Amnesty International fordert alle Staaten auf, sich klar gegen die Todesstrafe zu positionieren
Amnesty International lehnt die Todesstrafe grundsätzlich und ohne Ausnahme ab, ungeachtet der Art und Umstände des Verbrechens, der Schuld oder Unschuld der Person oder der Hinrichtungsmethode, und setzt sich in allen Fällen für die Abschaffung der Todesstrafe ein.
Nach der Abstimmung im Dritten Ausschuss wird das Plenum der UN-Generalversammlung voraussichtlich Mitte Dezember den neunten Resolutionsentwurf für ein Hinrichtungsmoratorium zur Abstimmung stellen. Amnesty International fordert alle UN-Mitgliedsstaaten auf, diesen Resolutionsentwurf zu unterstützen und appelliert an Länder, die noch an der Todesstrafe festhalten, unverzüglich ein offizielles Moratorium für Hinrichtungen zu verfügen, und zwar als einen ersten Schritt zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe.