Japan und Südkorea: Todesstrafe abschaffen!

Ende Juli 2022 hat die katholische Kirche in getrennten Appellen die asiatischen Staaten Japan und Südkorea aufgefordert, die Todesstrafe abzuschaffen.

„Die Gewalt der Todesstrafe kann niemals eine friedliche Gesellschaft aufbauen“, heißt es in einem Brief mehrerer katholischer Bischöfe Japans an Premierminister Fumio Kishida und Justizminister Yoshihisa Furukawa. Die Todesstrafe sei ein „Angriff auf die Unverletzlichkeit und Würde der Persönlichkeit“ und daher „inakzeptabel“, so die Kommission für Gerechtigkeit und Frieden der japanischen katholischen Bischöfe. Der Appell war eine unmittelbare Reaktion auf die Hinrichtung des 39-jährigen Amokläufers Tomohiro Kato, der am 26. Juli 2022 in einem Gefängnis in Tokio gehängt worden war. Der Vollzug der Todesstrafe an Kato markiert die vierte Hinrichtung in der Amtszeit von Kishida, der im Oktober 2021 sein Amt antrat. Ende 2021 saßen annähernd 120 Personen unter harten Haftbedingungen in der Todeszelle. Amnesty International beklagt seit langem auch den Umgang mit den Todeskandidat*innen. Sie werden nicht vorab informiert, sondern erfahren erst unmittelbar vorher von ihrem bevorstehenden Tod. Japan ist die drittgrößte Wirtschaftsnation der Welt und gehört zu den wenigen Industrieländern, die an der Todesstrafe festhalten.

Analoges gilt auch für Südkorea. In dem hochentwickelten asiatischen Staat ist die Todesstrafe ebenfalls offiziell erlaubt, allerdings wird sie im Unterschied zu Japan seit mehr als zwei Jahrzehnten de facto nicht mehr vollstreckt. Kürzlich hat auch dort die katholische Kirche gemeinsam mit anderen südkoreanischen religiösen Gruppen zur Abschaffung der Todesstrafe aufgerufen und sie als verfassungswidrig bezeichnet. „Das Leben ist ein absoluter Wert, der nicht durch ein Gerichtsurteil abgeschafft werden darf“, heißt es in einer Mitteilung. Auch die präventive Wirkung der Todesstrafe sei aus rechtlicher und wirtschaftlicher Sicht keineswegs erwiesen, argumentiert die Justiz- und Friedenskommission der koreanischen Bischöfe. Hintergrund des Aufrufs ist eine dritte Anhörung des Verfassungsgerichts, das in Kürze darüber zu befinden hat, ob das derzeitige Todesstrafen-Moratorium in dem ostasiatischen Land aufrechterhalten werden soll oder nicht. Die letzte Hinrichtung fand in Südkorea vor etwa 25 Jahren statt. Ungeachtet des Hinrichtungsstopps sind derzeit 59 Angeklagte zum Tode verurteilt. 2018 hatte die Nationale Menschenrechtskommission Südkoreas eine Umfrage durchgeführt, die zu dem Ergebnis kam, dass 70 Prozent der fast 1.000 Befragten die Abschaffung der Todesstrafe befürworten und alternative Strafen akzeptieren würden. Bei der Studie wurden auch die Meinungen von 132 Expert*innen eingeholt, die sich größtenteils ebenfalls gegen die Todesstrafe aussprachen.

Japan und Südkorea gehören zu den nur noch drei OECD-Mitgliedsstaaten, die die Todessstrafe vorsehen. OECD steht als Abkürzung für die die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, eine internationale Organisation mit 38 Mitgliedstaaten, die sich der Demokratie und Marktwirtschaft verpflichtet fühlen.

Amnesty International verlangt seit langem von den demokratischen Rechtsstaaten Japan und Südkorea, ein verbindliches Moratorium für Hinrichtungen zu verfügen, und zwar als Vorstufe zur raschen Abschaffung der Todesstrafe.

22. August 2022