Iran: Hinrichtungswelle muss gestoppt werden

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Neue Recherchen von Amnesty International und dem Abdorrahman-Boroumand-Zentrum für Menschenrechte in Iran zeigen, dass die iranischen Behörden zwischen dem 1. Januar und dem 30. Juni 2022 mindestens 251 Menschen hingerichtet haben. Die tatsächliche Zahl fällt wahrscheinlich noch höher aus, da die Behörden Angaben zu verhängten und vollstreckten Todesurteilen geheim halten. Im gesamten Jahr 2021 hatte Amnesty International 314 Hinrichtungen in Iran dokumentiert, was bereits eine Zunahme um 28 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutete. In der Islamischen Republik Iran wurde und wird die Todesstrafe unverhältnismäßig häufig gegen Angehörige ethnischer Minderheiten, wegen vager Anklagen wie „Feindschaft zu Gott“ und als Mittel zur politischen Unterdrückung eingesetzt. Den Hinrichtungen gehen immer wieder grob unfaire Prozesse voraus, wobei unter Folter erlangte „Geständnisse“ oft von Gerichten als Beweismittel verwendet wurden. Unter den Exekutierten des Jahres 2021 waren auch mindestens drei zur Tatzeit Minderjährige.

Iran geht seit dem vergangenen Jahr scharf gegen Rauschgiftdelikte vor. So wurden im laufenden Jahr bereits mindestens 86 Personen wegen Drogenvergehen hingerichtet, die nach internationalem Recht nicht mit der Todesstrafe geahndet werden dürfen. Auffallend oft waren in dieser Tätergruppe Angehörige der ethnischen Minderheit der Belutsch*innen vertreten.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet in ihrer Ausgabe vom 02. August 2022 zudem, dass unter den Hingerichteten auch zahlreiche Frauen sind. Allein Ende Juli 2022 wurden in vier Gefängnissen vier Frauen durch den Strang exekutiert. In allen Fällen war das Todesurteil ergangen, weil die Frauen ihre Ehemänner getötet hatten. Die Frauen einte, dass sie sich gegen die Gewalt ihrer schlagenden Ehemänner zur Wehr gesetzt hatten. Auf das Todesurteil wirkte sich der Umstand, dass sie möglicherweise in Notwehr gehandelt haben könnten, keineswegs aus. Die männlichen Richter ziehen häusliche Gewalt als entlastendes Moment bei der Urteilsfindung gar nicht in Betracht. Die FAZ beziffert die Zahl der Frauen, die seit 2010 in Iran hingerichtet wurden, mit mindestens 182.

Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd: möglicherweise Todesurteil in den kommenden Tagen

Ein Teheraner Revolutionsgericht könnte Jamshid Sharmahd in den kommenden Tagen zum Tode verurteilen. Der 67-Jährige war 2020 in einer Geheimdienstoperation aus Dubai in den Iran entführt und dort willkürlich inhaftiert worden. In einem völlig unfairen Schauprozess könnte er wegen „Verdorbenheit auf Erden“ verurteilt werden. Sharmahd ist in Deutschland aufgewachsen und besitzt die deutsche und die iranische Staatsbürgerschaft. Amnesty International setzt sich seit 2020 für eine Freilassung Sharmahds ein [mehr dazu].

Weitere Infos

Zur englischsprachigen Pressemitteilung von Amnesty International und dem Abdorrahman-Boroumand-Zentrum für Menschenrechte im Iran [klick hier].

7. August 2022