Iran: Jugendlichem droht die Hinrichtung

Wieder einmal ist in Iran ein zur Tatzeit Minderjähriger unmittelbar von der Hinrichtung bedroht. Der mittlerweile 20-Jährige Hossein Shahbazi war für einen Mord verurteilt worden, den er im Alter von 17 Jahren begangen haben soll. Sein Schuldspruch basierte unter anderem auf „Geständnissen“, die seiner Aussage nach durch Folter in einem Haftzentrum der Ermittlungseinheit der iranischen Polizei erpresst worden waren. Sollten die iranischen Behörden das Urteil vollstrecken, wäre dies ein gravierender Verstoß gegen internationale Menschenrechtsnormen und völkerrechtliche Bestimmungen, welche die Anwendung der Todesstrafe gegen Personen, die zum Tatzeitpunkt unter 18 Jahre alt waren, strikt verbieten.

Hossein Shahbazi

Hossein Shahbazi wurde am 30. Dezember 2018 festgenommen und elf Tage lang von der Polizei ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand oder seiner Familie festgehalten und verhört. Als ihn dann seine Mutter besuchen durfte, hatte er laut zuverlässigen Quellen Verletzungen im Gesicht und schien an Gewicht verloren zu haben. Das Todesurteil gegen ihn erging nach einem grob unfairen Verfahren am 13. Januar 2020 vor Abteilung 3 des Strafgerichts 1 der Provinz Fars. Das Gericht räumte in seinem schriftlichen Urteil ein, dass er zum Zeitpunkt des Verbrechens noch keine 18 Jahre alt war, argumentierte aber, dass die Legal Medicine Organization of Iran, ein staatliches forensisches Institut, festgestellt hatte, dass er zum Zeitpunkt des Verbrechens über die nötige geistige Reife verfügt habe, um die Schwere seiner Tat zu erkennen, und dass daher die Todesstrafe gemäß Artikel 91 des Islamischen Strafgesetzbuches angemessen sei. Im Juni 2020 wurde das Urteil vom Obersten Gerichtshof bestätigt.

Derzeit befindet sich Hossein Shahbazi im Adelabad-Gefängnis in Shiraz. Seine Hinrichtung wurde zwar aufgrund internationalen Eingreifens ausgesetzt, könnte aber jederzeit vollzogen werden. Geplant war sie ursprünglich für den 1. März 2021, dann für den 28. Juni 2021, schließlich für den 25. Juli 2021 und zuletzt für den 25. Dezember 2021. Bereits im Juni 2021 hatte Hossein Shahbazi einen Antrag auf Wiederaufnahme seines Verfahrens gestellt, der bislang noch nicht vom Obersten Gerichtshof beantwortet wurde.

Arman Abdolali

Trotz des völkerrechtlichen Verbots wendet Iran weiterhin die Todesstrafe gegen zur Tatzeit minderjährige Straftäterinnen und Straftäter an. Am 24. November 2021 wurde der 25-jährige Arman Abdolali im Raja’i Shahr-Gefängnis in Karaj, Provinz Alborz, für ein Verbrechen hingerichtet, das er begangen haben soll, als er noch keine 18 Jahre alt war. Im Zeitraum zwischen dem 13. Oktober und dem 21. November 2021 verschoben die iranischen Behörden seine geplante Hinrichtung insgesamt fünfmal. Jedes Mal wurde er in Einzelhaft verlegt und danach wieder in die allgemeine Gefängnisabteilung rückgeführt. Diese Verlegungen, welche wiederholte Grausamkeiten sind, versetzten Arman Abdolali in starke Angstzustände und führten zu schwerwiegendem psychischem Leiden. Deshalb, und in Anbetracht dessen, dass die Verlegungen vorsätzlich als Teil seines Bestrafungsprozesses stattfanden, ist Amnesty International der Ansicht, dass Arman Abdolali in seinen letzten Lebenswochen nach völkerrechtlicher Definition gefoltert wurde. Sein jüngster Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof, den er am 17. Oktober 2021 einreichte, wurde vor seiner Hinrichtung nicht mehr beantwortet.

Weitere Hinrichtung verhindern!

Amnesty International appelliert an die iranischen Behörden, die Hinrichtung von Hossein Shahbazi sofort zu stoppen, seine Verurteilung aufzuheben und ihm ein Wiederaufnahmeverfahren in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht und den Prinzipien der Jugendgerichtsbarkeit zu gewähren, unter Ausschluss von erzwungenen „Geständnissen“ und ohne Rückgriff auf die Todesstrafe. Zudem sind die Behörden aufgefordert, unverzüglich Schritte zu unternehmen, um die Anwendung der Todesstrafe gegen minderjährige Straftäterinnen und Straftäter abzuschaffen und das Vorgehen der Justiz mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen des Iran, einschließlich der Konvention über die Rechte des Kindes, in Einklang zu bringen.

Todesstrafe gegen Minderjährige

Das absolute Verbot der Anwendung der Todesstrafe gegen Personen, die zum Zeitpunkt des Verbrechens unter 18 Jahre alt waren, ist im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und in der Konvention über die Rechte des Kindes enthalten, die beide vom Iran ratifiziert wurden. Es ist auch als zwingende Norm des Völkergewohnheitsrechts anerkannt, was bedeutet, dass das Verbot von der internationalen Staatengemeinschaft als eine Norm akzeptiert und anerkannt wird, die für alle Staaten verbindlich ist und von der nicht abgewichen werden darf. Amnesty International wendet sich in allen Fällen, weltweit und ausnahmslos gegen Todesstrafe, ungeachtet der Schwere und der Umstände einer Tat, der Schuld, Unschuld oder besonderen Eigenschaften der verurteilten Person, oder der vom Staat gewählten Hinrichtungsmethode.

Werde aktiv.

Bitte die iranischen Behörden, die Hinrichtung von Hossein Shabazi auszusetzen. Die Anwendung der Todesstrafe gegen Personen, die zum Zeitpunkt der Tat unter 18 Jahre alt waren, ist nach internationalem Recht unzulässig.

Fordere die iranischen Behörden auf, die Todesurteile aller Personen umzuwandeln, die zur Tatzeit unter 18 Jahre alt waren. Fordere, dass der Artikel 91 des Islamischen Strafgesetzbuchs von 2013 dahingehend geändert wird, dass die Todesstrafe für unter 18-jährige Straftäterinnen und Straftäter unter keinen Umständen verhängt werden darf.

Mehr dazu bei Amnesty International [klick hier].
Beteilige dich bitte an dieser Eilaktion und richte einen (vorformulierten) Appell an die Botschaft der Islamischen Republik Iran bei der Europäischen Union und in Deutschland.

19. Januar 2022