Erstmals seit zwei Jahren hat Japan wieder Todesurteile vollstreckt und drei Mörder hingerichtet. Japan ist neben den USA das einzige hoch entwickelte Industrieland, das uneingeschränkt an der Todesstrafe festhält.
Die Hinrichtung der drei Männer ignoriert internationale Menschenrechtsstandards.
Als Reaktion auf die Nachricht, dass in Japan am 21. Dezember 2021 erneut an drei Menschen das Todesurteil vollstreckt wurde, sagte Chiara Sangiorgio, Anti-Todesstrafen-Expertin bei Amnesty International:
„Die jüngste Ernennung von Fumio Kishida zum Premierminister war eine Chance für Fortschritte bei den Menschenrechten in Japan. Aber die heutige abscheuliche Wiederaufnahme von Hinrichtungen ist ein vernichtendes Armutszeugnis, zeigt sie doch die Respektlosigkeit dieser Regierung gegenüber dem Recht auf Leben. Nach zwei Jahren ohne Hinrichtungen stellen diese jüngsten Exekutionen eine verpasste Gelegenheit dar, längst überfällige Schritte zur Abschaffung der grausamen Praxis der Todesstrafe zu unternehmen. Mehr als 100 Länder weltweit haben die Todesstrafe gesetzlich vollständig abgeschafft, und insgesamt zwei Drittel haben sie gesetzlich oder in der Praxis außer Vollzug gesetzt. Es ist erschreckend, dass Japan sich diesem Trend widersetzt, indem es weiterhin diese grausame und unmenschliche Bestrafung anwendet. Es ist höchste Zeit, als ersten wichtigen Schritt ein Moratorium für alle Hinrichtungen zu verfügen.“
Hintergrund
Drei zum Tode verurteilte Häftlinge – Yasutaka Fujishiro (65), Mitsunori Onogawa (54) und Tomoaki Takanezawa (44) – wurden am Dienstag, 21. Dezember 2021, gehängt, die ersten Hinrichtungen in Japan seit 2019 und die ersten Hinrichtungen unter Premierminister Fumio Kishida, der im Oktober 2021 sein Amt antrat. Yasutaka Fujishiro tötete 2004 sieben seiner Verwandten, während Mitsunori Onogawa und Tomoaki Takanezawa 2003 wegen eines gemeinsam begangenen Doppelmordes verurteilt worden waren. Fujishiro litt an einer Persönlichkeitsstörung, doch das Gericht entschied, dass er für seine Handlungen strafrechtlich verantwortlich gemacht werden kann. Amnesty International kritisiert, dass Japan keine Schutzgarantien gegen den Vollzug der Todesstrafe an Personen mit geistigen, psychosozialen oder intellektuellen Behinderungen besitzt. Der Häftling Onogawa hatte einen zweiten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt, über den zum Zeitpunkt seiner Hinrichtung noch nicht entschieden worden war. Takanezawa hatte zuvor seine Berufung zurückgezogen, die sein Anwalt beim Obersten Gericht eingelegt hatte. Sein Anwalt beantragte zwar bei Gericht, diesen Widerruf aufzuheben, doch sein Einspruch wurde zurückgewiesen.
Japan gehört zu den wenigen Ländern, die in den letzten Jahren beharrlich von der Todesstrafe Gebrauch gemacht haben. Landesweit sitzen derzeit 108 Menschen in der Todeszelle. Die Regierung verteidigte die Todesstrafe als „notwendig“. In einem Regierungsstatement wurde als Begründung angeführt: „Die japanische Öffentlichkeit ist mehrheitlich der Meinung, dass die Todesstrafe für extrem bösartige Verbrechen unumgänglich ist.“
Exekutionen werden in Japan durch Erhängen vollzogen, meist erst viele Jahre nach der Verurteilung. Amnesty International verzeichnete im Jahr 2020 weltweit mindestens 483 Hinrichtungen in 18 Ländern (ohne China). Das war die niedrigste registrierte Zahl an vollstreckten Todesurteilen seit mindestens einem Jahrzehnt. Japans vorletzte Hinrichtung fand vor zwei Jahren im Dezember 2019 statt, als ein wegen vier Morden verurteilter Chinese gehängt wurde.
In den Zellen sind die Todeshäftlinge vollkommen isoliert. Die Gefangenen müssen in der ständigen Angst leben, dass der nächste Tag ihr letzter sein kann, denn Hinrichtungen in Japan werden geheim gehalten: Die Gefangenen werden in der Regel erst wenige Stunden im Voraus über die Urteilsvollstreckung benachrichtigt und einige erfahren gar nicht von ihrer unmittelbar bevorstehenden Hinrichtung. Ihre Familien werden in der Regel erst nach erfolgter Exekution davon in Kenntnis gesetzt. Derzeit klagen zwei Häftlinge gegen diese unmenschliche Praxis.
Amnesty verlangt
Amnesty International hat Japan wiederholt aufgefordert, als ersten Schritt zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe ein sofortiges offizielles Moratorium für alle Hinrichtungen zu erlassen.