Ägypten: Auch Kinder zum Tode verurteilt

Obwohl das ägyptische Recht vorsieht, dass alle Kinder unter 18 Jahren, die gegen das Strafgesetzbuch verstoßen haben, nicht „zum Tode, zu lebenslanger Haft oder zu Zwangsarbeit“ verurteilt werden dürfen, erhielten laut einem Bericht der Organisation Reprieve seit 2011 mindestens 17 Kinder dort sehr wohl die Todesstrafe.

Reprieve ist eine gemeinnützige Organisation internationaler Anwälte und Ermittler, deren erklärtes Ziel es ist, „mit rechtlichen Schritten und Aufklärung der Öffentlichkeit für die Opfer extremer Menschenrechtsverletzungen zu kämpfen“. Laut Reprieve nutzen die ägyptischen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte ein Schlupfloch, um Minderjährige vor ein Erwachsenengericht zu stellen, da das Gesetz vorsieht, dass Personen über 15 Jahren gemeinsam vor Gericht gestellt werden können, wenn ein Mitangeklagter ein Erwachsener ist. Sollte dies so zutreffen, handelte es sich in Ägypten um einen flagranten Bruch geltenden Völkerrechts.

Todesstrafe gegen Kinder und Jugendliche ist tabu

Todesurteile für Straftäterinnen und Straftäter, die zur Tatzeit noch nicht 18 Jahre alt sind, sind gemäß internationalen Menschenrechtsabkommen unzulässig. Das absolute Verbot der Anwendung der Todesstrafe gegen minderjährige Personen, ist im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und in der Konvention über die Rechte des Kindes enthalten, die beide vom Ägypten ratifiziert wurden. Es ist auch als zwingende Norm des Völkergewohnheitsrechts anerkannt, was bedeutet, dass das Verbot von der internationalen Staatengemeinschaft als eine Norm akzeptiert und anerkannt wird, die für alle Staaten verbindlich ist und von der nicht abgewichen werden darf. Dieses Verbot basiert auf dem weltweiten Konsens, dass junge Menschen die Konsequenzen ihres Handelns nicht im vollen Umfang verstehen und daher nicht gleich hart bestraft werden dürfen wie Erwachsene.

Der internationale Konsens gegen die Praxis, unter 18-Jährige für ihre Verbrechen zu töten, ist zudem maßgeblich geprägt durch die Anerkennung der Tatsache, dass junge Menschen sich noch entwickeln und ändern können. Das Leben minderjähriger Straftäterinnen und Straftäter sollte nie abschreiben werden, gleichgültig was sie getan haben. Das oberste Ziel muss daher sein, alles zu tun, um minderjährige Straftäterinnen und Straftäter nach Verbüßung ihrer Haft eines Tages wieder erfolgreich in die Gesellschaft zu reintegrieren. Eine Hinrichtung ist die äußerste Verneinung dieses Prinzips.

Todesstrafe in großem Maßstab

In Ägypten haben sich im vergangenen Jahr die dokumentierten Hinrichtungen mehr als verdreifacht (von mindestens 32 im Jahr 2019 auf mindestens 107 im Jahr 2020). Insgesamt fällte das Land 2020 mindestens 264 neue Todesurteile. Hinrichtungstermine werden von den ägyptischen Behörden nicht angekündigt, und Familien oder Rechtsbeistände werden über den Tag der Hinrichtung in der Regel nicht in Kenntnis gesetzt. Meist haben sie nicht die Möglichkeit, den Gefangenen im Todestrakt ein letztes Mal zu besuchen. All dies stellt Verstöße gegen das ägyptische Recht dar.

Amnesty fordert, alle geplanten Hinrichtungen zu stoppen, alle bestehenden Todesurteile umzuwandeln und unverzüglich ein offizielles Hinrichtungsmoratorium zu erlassen, mit dem Ziel, die Todesstrafe ganz abzuschaffen.

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21. November 2021