Am 16. Dezember 2020 stand erneut eine Abstimmung in der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN) auf der Tagesordnung. Mit überwältigender Mehrheit nahm das Gremium eine Entschließung an, die zu einem sofortigen weltweiten Hinrichtungsstopp (Moratorium) aufruft. Langfristiges Ziel des politischen Hauptorgans der Vereinten Nationen ist die völlige Abschaffung dieser umstrittenen Strafe. Dies ist bereits die achte Resolution seit 2007 zu diesem Thema und sie stieß im Vergleich zu ihren Vorgängerinnen auf die stärkste Zustimmung: Von den 193 Mitgliedsstaaten der UN stimmten 123 Länder für ein Hinrichtungsmoratorium, 38 dagegen, 24 enthielten sich und 8 waren abwesend.
Erfreulich ist, dass die Republik Korea, besser bekannt als Südkorea, 2020 erstmals einen Sinneswandel vollzogen hat: Das ostasiatische Land stimmte in der UN-Generalversammlung für einen weltweiten Hinrichtungsstopp, nachdem es sich bei ähnlichen vorherigen Resolutionen stets der Stimme enthalten hatte.
Südkorea und die Todesstrafe
Die Republik Korea hat den Vollzug der Todesstrafe zwar in der Praxis eingestellt, diese Strafe aber nicht im Gesetz abgeschafft. Zahlreiche Gesetzesinitiativen wurden mit dem Ziel gestartet, die Todesstrafe zu beseitigen, zuletzt eine im Jahr 2019. Sie scheiterten alle am Widerstand im Parlament. Auch Kampagnen für die Abschaffung der Todesstrafe seitens Amnesty Internationals oder der katholische Kirche in Südkorea blieben ungehört.
Gelegentlich fällen südkoreanische Gerichte einige wenige Todesurteile, ausschließlich wegen Mordes, obwohl das Strafgesetzbuch zahlreiche weitere Tatbestände unter Todesstrafe stellt, darunter Raub, Vergewaltigung, Entführung, Drogenhandel, Terrorismus, Verrat. Zum Jahresende 2019 saßen 61 wegen Mordes zum Tode Verurteilte in den Gefängnissen des Landes ein. Die Bedingungen in den Haftanstalten gelten allgemein als hart. Die höchste Zahl an vollstreckten Todesurteilen fällt auf das Jahr 1997, als am 30. Dezember ohne vorherige Ankündigung 18 Männer und fünf Frauen hingerichtet wurden. Danach fanden keine Exekutionen mehr in Südkorea statt – seit mehr als 23 Jahren also inzwischen. Todesurteile werden durch den Strang vollstreckt. Gefangene, die wegen militärischer Straftaten die Todesstrafe erhielten, werden von einem Erschießungskommando hingerichtet.
„Wind of Change“
Amnesty begrüßt ausdrücklich, dass die Republik Korea der Entschließung der UN für einen weltweiten Hinrichtungsstopp erstmals zugestimmt hat. Diesen positiven Positionswechsel bewerten wir als einen weiteren wichtigen Schritt in die richtige Richtung.
Amnesty ist der Auffassung, dass nun die Zeit reif ist, dass Südkorea die erforderlichen Schritte zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe möglichst noch in diesem Jahr ergreift. Ein Ende der Todesstrafe wäre zweifelsohne auch ein Gewinn für das internationale Ansehen Südkoreas. Es böte auch die Voraussetzung dafür, dem Zweiten Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte beizutreten, ein völkerrechtliches Vertragswerk, das die Abschaffung der Todesstrafe zum Ziel hat. Von einer solchen Initiative Südkoreas ginge zweifellos auch eine Vorbildfunktion für die gesamte Erdregion aus.
Was könnt ihr tun?
Bitte richtet bis Ende Februar 2021 Appelle an den [Präsidenten] Moon Jae-in und an seinen [Vize-Justizminister] und fordert ein Ende der Todesstrafe in dem Land. Die deutsche Übersetzung des Brieftextes könnt ihr [hier] nachlesen.
Wichtig: Verseht bitte die Appelle mit eurem Namen, eurer Anschrift, einem aktuellen Datum und einer Unterschrift und sendet sie an die Adres¬saten, entweder elektronisch oder per Briefpost. Das Porto für einen Brief International beträgt 1,10 €. Sendet bitte Kopien eurer Schreiben zur Info an die Botschaft Südkoreas in Berlin.