Das saudi-arabische Sonderstrafgericht hat Anfang Februar 2021 die Todesurteile gegen Ali al-Nimr, Abdullah al-Zaher und Dawood al-Marhoon, die als Teenager verhaftet und nach unfairen Prozessen verurteilt wurden, umgewandelt und sie zu zehnjährigen Haftstrafen einschließlich der bereits verbüßten Zeit verurteilt. Dies bedeutet, dass die drei jungen Männer im Jahr 2022 freigelassen werden könnten.
Die stellvertretende Regionaldirektorin von Amnesty International für den Nahen Osten und Nordafrika, Lynn Maalouf, sagte: „Die Nachricht, dass diese jungen Männer nicht hingerichtet werden, ist zweifellos eine große Erleichterung für sie und ihre Familien nach mehreren qualvollen Jahren in der Todeszelle.“
Ali al-Nimr, Abdullah al-Zaher und Dawood al-Marhoon wurden 2012 im Alter von 17, 16 und 17 Jahren getrennt voneinander festgenommen. Sie wurden wegen Straftaten verhaftet, die sie angeblich bei der Teilnahme an regierungsfeindlichen Protesten in der Ostprovinz Saudi-Arabiens begangen haben sollen. Nach grob unfairen Prozessen, die auf durch Folter erpressten Geständnissen beruhen, wurden alle drei jungen Männer 2014 zum Tode verurteilt. Seitdem setzt sich Amnesty International dafür ein, dass die Behörden sie nicht hinrichten.
Die Anwendung der Todesstrafe für Straftaten, die von Menschen begangen wurden, die zum Zeitpunkt der Tat unter 18 Jahre alt waren, ist ein eklatanter Verstoß gegen internationale Menschenrechtsabkommen. Dieses Verbot basiert auf dem weltweiten Konsens, dass junge Menschen die Konsequenzen ihres Handelns nicht im vollen Umfang verstehen und daher nicht gleich hart bestraft werden dürfen wie Erwachsene. Ein Verbot der Todesstrafe für Minderjährige ist enthalten im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, in der afrikanischen Charta über die Rechte des Kindes, in der amerikanischen Menschenrechtskonvention sowie in der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen.
Im April 2020 gab Saudi-Arabien einen königlichen Erlass heraus, der Pläne ankündigte, die Anwendung der Todesstrafe für Personen unter 18 Jahren in Fällen zu beenden, die nicht mit dem Gesetz zur Terrorismusbekämpfung zusammenhängen. Dies folgt auf die Verabschiedung eines Jugendstrafgesetzes im Jahr 2018, das Gerichten untersagt, nach freiem Ermessen Todesurteile gegen Personen unter 15 Jahren zu verhängen. Amnesty International begrüßt diese Entwicklung in Saudi-Arabien ausdrücklich, verlangt aber, dass dieser Bekanntgabe nun klare Durchführungsbestimmungen folgen müssen, die sicherstellen, dass keinerlei minderjährige Straftäterinnen und Straftäter von dieser Reform ausgeschlossen sind.
Hintergrund
In Saudi-Arabien wird die Todesstrafe häufig verhängt und vollstreckt. Das Königreich hat 2019 eine Rekordzahl von Menschen hingerichtet − trotz eines allgemeinen Rückgangs der weltweiten Hinrichtungszahlen. In ihrem jüngsten Jahresbericht zur Todesstrafe dokumentiert Amnesty, dass im vergangenen Jahr in dem Land 184 Menschen exekutiert wurden, darunter auch ein Jugendlicher. Dies ist die höchste Zahl, die Amnesty unter Einbeziehung der Zahlen des Innenministeriums seit dem Jahr 2000 für dieses Land verzeichnen musste. Verurteilte wurden enthauptet, erschossen oder öffentlich ausgepeitscht. Berichten zufolge soll die Zahl der Hinrichtungen im Jahr 2020 gegenüber 2019 um 85 Prozent gesunken sein.