Sudan: Rückt das Land von der Todesstrafe ab?

Sudan befindet sich seit dem Sturz des Langzeit-Präsidenten Omar al-Bashir im April 2019 in einer Übergangsphase. Die Übergangsregierung versprach eine Verbesserung der Menschenrechtslage und kündigte eine Justizreform für den islamisch geprägten Staat an. Nun erfolgen erste Einschränkungen der Todesstrafe.

Das Strafgesetzbuch des nordost-afrikanischen Staates aus dem Jahr 1991, das sich auf die Interpretation des traditionellen islamischen Rechts der Scharia durch die Regierung gründet, sieht bei zahlreichen Straftatbeständen die Todesstrafe vor. Dazu zählen neben Mord, bewaffnetem Raubüberfall, terroristische Straftaten und Drogenhandel auch homosexuelle Handlungen sowie der Abfall vom islamischen Glauben (Apostasie).

Medienberichten zufolge hat die sudanesische Übergangsregierung Mitte Juli 2020 den sogenannten Apostasie-Paragrafen (§ 126) aus dem Strafgesetz gestrichen, der vorsah, dass der Religionsaustritt oder die Konversion einer Person vom Islam zu einer anderen Religion die Todesstrafe zwingend nach sich zieht. Religionsaustritt oder Konversion bleiben jedoch weiterhin strafbar und können bis zu zehn Jahre Haft zur Folge haben. Auch der Paragraf 148 des Strafgesetzbuchs wurde dergestalt geändert, dass Homosexualität nicht mehr mit dem Tode bestraft wird. Die Nebenstrafe von 100 Peitschenhieben wurde ebenfalls gestrichen. Einvernehmliche sexuelle Beziehungen zwischen Erwachsenen gleichen Geschlechts bleiben allerdings auch künftig illegal und werden mit Haftstrafen geahndet, die im Wiederholungsfall, beim dritten Schuldspruch, bis zu lebenslanger Haft reichen können. Des Weitern wurde im Zuge der Reform beschlossen, Minderjährige (unter 18-Jährige) und Menschen über 70 Jahre von der Verhängung der Todesstrafe grundsätzlich auszunehmen.

Diese Schritte werden als Hoffnungsschimmer gewertet. Bei ordnungsgemäßer Umsetzung und Anwendung könnten sie einen ersten, zaghaften Beitrag dazu zu leisten, die Menschenrechtslage in Sudan zu verbessern. Ende 2019 waren dort mindestens 115 Frauen und Männer vom Vollzug der Todesstrafe bedroht. Todesurteile werden durch den Strang und können bei bestimmten Verbrechen auch durch Steinigung oder Kreuzigung vollstreckt werden.

Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 16.08.2020