Nigeria: Sänger erhält Todesstrafe

Im westafrikanischen Nigeria ist der 22-jährige Musiker Yahaya Sharif-Aminu zum Tode verurteilt worden. Ihm wird vorgeworfen, in einem seiner Lieder einem Imam hohes Lob gezollt zu haben und diesen somit über den Propheten Mohammed gestellt zu haben. Ein Gericht erkannte auf Gotteslästerung und verurteilte den jungen Mann zum Tod durch den Strang.

Verbreitet hatte sich das Lied Ende Februar vor allem über den Nachrichtendienst WhatsApp. Wenige Tage später steckte ein Mob wütender Jugendlicher das Haus von Sharif-Aminus Eltern in Kano in Brand. Kano ist die Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaates Kano im Norden Nigerias. Forderungen wurden laut, die Scharia-Polizei Hisbah solle ihn verhaften und für Strafverfolgung sorgen. Die Hisbah ist seit 2003 für die polizeiliche Überwachung der islamischen Gesetzgebung verantwortlich. Der Musiker wurde schließlich vor ein Scharia-Gericht gestellt, das am 10. August 2020 das Todesurteil fällte. In der Anklageschrift heißt es, der Angeklagte habe „die Absicht, die Gefühle von gläubigen Musliminnen und Muslimen zu verletzen“.

Osai Ojigho, Direktor von Amnesty International Nigeria bezeichnete die Verurteilung als eine Travestie der Justiz und forderte, Yahaya Sharif-Aminu sofort und bedingungslos freizulassen. Der Amnesty-Direktor äußerte ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Fairness des Prozesses. Er bemängelte, dass die gegen den Musiker erhobenen Anklagen auf seinen WhatsApp-Nachrichten basierten.

Yahaya Sharif-Aminu und seine Anwälte legten Berufung gegen die Entscheidung des Scharia-Gerichts ein. Die Berufungsverhandlung vor dem Oberen Gericht des Bundesstaats Kano wurde auf den 26. November 2020 festgelegt. Sollte das Todesurteil bestätigt werden, muss auch der Gouverneur des Bundesstaates Kano der Vollstreckung des Verdikts noch zustimmen.

Am 21. Januar 2021 ordnete eine Berufungskammer an, dass der Fall des 22-jährigen Sängers von einem anderen Richter erneut verhandelt werden muss, da er während seines gesamten Prozesses nicht anwaltlich vertreten worden war. Die Entscheidung bedeutet, dass er nun die Gelegenheit hat, ein faires Verfahren zu erhalten und dass er derzeit nicht unter Todesstrafe steht. Das sind großartige Neuigkeiten, aber Amnesty fordert weiterhin, dass die Anklage gegen Yahaya Sharif-Aminu fallen gelassen und er sofort und bedingungslos freigelassen wird.

Hintergrund

Ab 1999 hatten zwölf im Norden Nigerias gelegene überwiegend muslimische Bundesstaaten sukzessive das Scharia-Strafrecht eingeführt, dessen integraler Bestandteil die Todesstrafe ist.

Blasphemie, also Gotteslästerung, kann nach dem islamischen Recht der Scharia mit dem Tod zu bestraft werden. In Paragraf 210 des Strafgesetzbuchs des Bundesstaats Kano heißt es: „Wer auf irgendeine Art eine Religion öffentlich beleidigt oder auf eine Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, versucht, Verachtung für eine Religion zu schüren, wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren bestraft.“ Obwohl das Strafgesetzbuch also eine Haftstrafe für derartige Verstöße vorsieht, verurteilten Scharia-Gerichte wiederholt Männer und Frauen wegen Gotteslästerung zum Tode.

Die Todesstrafe darf laut Völkerrecht und internationaler Rechtsstandards nur für „schwerste Verbrechen“ verhängt werden, zu welchen ausschließlich Tötungsdelikte nicht aber Straftatbestände wie Gotteslästerung zu zählen sind. Blasphemie-Gesetze widersprechen zudem den internationalen Verpflichtungen Nigerias, Menschenrechte wie Meinungs-, Gedankens-, Gewissens- und Religionsfreiheit zu schützen. Das Recht auf freie Meinungsäußerung wird durch Artikel 38 der nigerianischen Verfassung von 1999 (überarbeitete Fassung) geschützt.

Mehr dazu

Ein Artikel auf Englisch geht ausführlicher auf den Fall Yahaya Sharif-Aminu ein.

Aktiv werden

Du möchtest eine Protestnote schreiben? Fordere bitte den Gouverneur des Bundesstaats Kano auf, den Hinrichtungsbefehl gegen Yahaya Sharif-Aminu nicht zu unterzeichnen und seine sofortige und bedingungslose Freilassung zu veranlassen.

  • [Hier] kannst du mit wenigen Handgriffen deinen Brief ausdrucken, um ihn per Post oder Fax an die Behörden zu senden, oder ihn direkt über dein eigenes E-Mail-Programm verschicken.
  • Eine Eilaktion (Urgent Action) mitsamt einem Briefvorschlag in englischer Sprache findest du [hier].
31. Januar 2021