Belarus: Abschaffung der Todesstrafe überfällig

Am 9. August 2020 fanden in Belarus (Weißrussland) wieder Präsidentschaftswahlen statt. Der amtierende Präsident, Alexander Lukaschenko, hat dieses Amt seit 1994 inne. Trotz der Corona-Pandemie hielt er an dem Termin für den Urnengang fest. Die Polizei ging mit voller Härte gegen Menschen vor, die im Nachgang der Präsidentschaftswahl friedlich gegen den Ausgang und gegen Wahlfälschung protestieren.

Die Menschenrechtslage in Belarus ist auch im Jahr 2020 desolat.

Belarus ist der letzte Staat in Europa und der ehemaligen Sowjetunion, der nach wie vor die Todesstrafe verhängt und diese auch vollstreckt. Im Justizsystem von Belarus kommt es immer wieder zu Fehlern, internationale Standards für faire Gerichtsverfahren werden nicht eingehalten.

Belarus hat die sowjetische Praxis beibehalten, die Familienmitglieder der Todeskandidaten nicht über den Hinrichtungstermin zu informieren und die Leichname der Hingerichteten nicht an die Familien zu übergeben. Alle Details über die Todesstrafe in Belarus sind geheim. Gefangene in der Todeszelle werden erst wenige Momente vor ihrer Hinrichtung über die Exekution informiert. Angehörige und Anwälte werden erst nach der Hinrichtung davon in Kenntnis gesetzt. Die Verwandten warten oftmals Wochen und Monate auf eine offizielle Bestätigung über die Vollstreckung der Todesurteile. Die Hinrichtungen werden durch Kopfschuss in einem separaten Raum des Gefängnisses vollstreckt. Der Leichnam wird anschließend nicht den Familien überstellt. Der Bestattungsort wird ihnen nicht mitgeteilt.

Seit den letzten Präsidentenwahlen 2015 wurden in Belarus mindestens 12 Personen hingerichtet. Aktuell droht insgesamt mindestens fünf Personen in Belarus die Exekution.

Am 30. Juli 2019 verhängte das Regionalgericht in Wizebsk gegen Viktar Paulau die Todesstrafe. Der Oberste Gerichtshof bestätigte den Urteilsspruch am 12. November 2019. Der Angeklagte war für schuldig befunden worden, im Dezember 2018 zwei ältere Frauen ermordet zu haben. Nach Angaben örtlicher Menschenrechtsverteidiger_innen kam es im Prozess zu Unregelmäßigkeiten, die gegen das Recht von Viktar Paulau auf ein faires Gerichtsverfahren verstießen. Am 25. Oktober 2019 fällte ein Gericht in Brest gegen Viktor Serhil wegen Mordes an einem Jugendlichen das Todesurteil, das der Oberste Gerichtshof am 31. Januar 2020 bestätigte. Zum Jahresende 2019 befanden sich somit mindestens zwei Männer in der Todeszelle.

Auch in 2020 hat es bereits Todesurteile gegeben: Am 10. Januar 2020 verhängte das Regionalgericht Mahiliou über die Brüder Illia und Stanislau Kostseu, 21 und 19 Jahre alt, wegen Mordes an ihrer ehemaligen Lehrerin und Nachbarin die Todesstrafe, das Urteil wurde im Mai 2020 bestätigt. Der 29-jährige Viktar Skrundzik wurde im März 2020 vom Landgericht Minsk zum Tode verurteilt. Der Mann wurde für schuldig befunden, im Januar 2019 zwei ältere Menschen getötet zu haben.

Amnesty International fordert wie überall auf der Welt die vollständige Abschaffung der Todesstrafe – so auch in Belarus!