Magai Matiop Ngong ist ein Jugendlicher und war lange in Gefahr, hingerichtet zu werden. Ein Gericht in Südsudan (Nordost-Afrika) hatte gegen den Schüler wegen eines tödlichen Unfalls im Jahr 2017 die Todesstrafe verhängt. Nun hob ein Berufungsgericht das umstrittene Todesurteil auf.
Was war passiert?
Um eine Auseinandersetzung zwischen seinem Cousin und einem Nachbarn zu beenden, wollte Magai Warnschüsse mit der Pistole seines Vaters auf den Boden richten. Einer der Schüsse traf seinen Cousin tödlich. Vor Gericht hatte Magai keinen Rechtsbeistand, obwohl dies auch in Südsudan gesetzlich vorgeschrieben ist. Er musste sich selbst verteidigen und beteuerte, er habe keinen Mord begangen, es habe sich vielmehr um einen Unfall gehandelt. Doch das Gericht befand ihn des Mordes für schuldig und verhängte die Todesstrafe, obwohl Magai zum Tatzeitpunkt erst 15 Jahre alt war. Dabei verbieten sowohl das südsudanesische Recht als auch die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen Todesurteile gegen Minderjährige, also Personen, die zum Tatzeitpunkt noch keine 18 Jahre alt waren.
„Es ist nicht schön, wenn man erfährt, dass man sterben wird. Niemand möchte das. Ich hoffe, dass ich freikomme und wieder zur Schule gehen kann.“
Der Jugendliche hat inzwischen einen Rechtsbeistand, der Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegte – mit Erfolg: Der Berufungsgerichtshof entschied am 14. Juli 2020, das gegen Magai Matiop Ngong verhängte Todesurteil aufzuheben, weil er zum Zeitpunkt des Verbrechens ein Kind war. Er verwies seinen Fall zurück an das Obere Gericht (High Court), das nun über ein angemessenes Urteil und Strafmaß zu entscheiden hat. Amnesty International erfuhr, dass Magai am 29. Juli aus dem Todestrakt entlassen wurde.
Amnesty International unterstützte den Anwalt von Magai im Berufungsverfahren. Der Jugendliche hat Amnesty International seinen tiefen Dank ausgesprochen. Magai Matiop Ngong stand auch im Fokus des Briefmarathons 2019. Dabei schreiben jedes Jahr im Dezember hunderttausende Menschen auf der ganzen Welt Appellbriefe. Sie drücken damit ihre Solidarität mit Menschen aus, deren Rechte verletzt wurden und werden. Sie wenden sich auch direkt an Regierungen und Behörden, um sich für diese Menschen einzusetzen. Ein einziger Brief, der die Einhaltung der Menschenrechte verlangt, wird vielleicht ungelesen weggelegt. Aber Tausende sind wesentlich schwieriger zu ignorieren.
In Südsudan sind 2019 mindestens elf Menschen hingerichtet worden, darunter auch ein Minderjähriger. Es war die höchste Zahl an Hinrichtungen seit der Unabhängigkeit des Landes im Jahr 2011. Mindestens vier neue Todesurteile ergingen 2019.
“Wir begrüßen die Entscheidung des Berufungsgerichts, das Todesurteil gegen Magai Matiop Ngong aufzuheben, da Minderjährige gemäß den Gesetzen Südsudans und unter dem Völkerrecht nicht zum Tode verurteilt werden dürfen. Magai konnte glücklicherweise einem grausamen Schicksal entkommen”, sagte Deprose Muchena, Regionaldirektor für das südliche Afrika bei Amnesty International. “Wir fordern die Behörden auf, diese grausame, unmenschliche und erniedrigende Form der Bestrafung ganz abzuschaffen.”