Die Hinrichtung von Shayan Saeedpour wegen einer Tat, die er als Minderjähriger begangen hatte, ist ein weiterer Beweis für die absolute Missachtung der iranischen Behörden gegenüber dem Recht auf Leben, so Amnesty International.
Die Behörden exekutierten Shayan Saeedpour am 21. April 2020 im Zentralgefängnis von Saqez in der iranischen Provinz Kurdistan. Dort hatte ihn ein Strafgericht im Oktober 2018 wegen Mordes zum Tode und wegen Alkoholkonsums zu 80 Peitschenhieben verurteilt. Das Gericht ahndete eine Auseinandersetzung, die im August 2015 stattgefunden hatte und bei der ein Mann durch Messerstiche tödlich verletzt worden war. Shayan Saeedpour war damals erst 17 Jahre alt.
„Die Verurteilung war grausam und rachsüchtig“, sagte Diana Eltahawy, die stellvertretende Leiterin der Abteilung Naher Osten und Nordafrika von Amnesty International. „Die Anwendung der Todesstrafe gegen Shayan, ein Jugendlicher mit einer Vorgeschichte von psychischen Erkrankungen, war strengstens verboten. Durch diese Hinrichtung – trotz internationaler Proteste – haben die iranischen Behörden wieder einmal die Jugendgerichtsbarkeit zum Gespött gemacht. Die Todesstrafe ist die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen. Sie gegen Personen einzusetzen, die bei Begehung der Tat noch nicht 18 Jahre alt waren, ist nach Völkerrecht verboten. Iran gehört zu dem kleinen Kreis von Ländern, die noch immer Jugendliche zum Tode verurteilen und hinrichten. Das ist verabscheuenswürdig und muss gestoppt werden.“
Flucht aus dem Gefängnis und Hinrichtung als Vergeltung
Shayan Saeedpour war unter den Dutzenden von Gefangenen, die Ende März 2020 aus dem Zentralgefängnis in Saqez geflüchtet waren. Die Flucht gelang als es zu Protesten und Unruhen kam, weil die Behörden die Befürchtungen über die Ausbreitung des Coronavirus unter den Häftlingen in den iranischen Gefängnissen nicht angemessen ausgeräumen konnten. Shayan Saeedpour wurde um den 3. April wieder in Haft genommen. Amnesty nimmt an, dass seine Hinrichtung ein Akt der Vergeltung der örtlichen Staatsanwaltschaft gewesen sein könnte. Diese wollte so andere Gefangene vor einer Flucht abschrecken.
Amnesty erreichten Informationen, wonach der Leitende Staatsanwalt von Saqez in den vergangenen Tagen wiederholt auf die Hinrichtung gedrängt habe. Er habe sogar die Familie des Opfers aufgefordert, Shayan Saeedpour nicht zu begnadigen. Nach iranischem Recht steht es der Familie des Mordopfers zu, der zum Tode verurteilten Person im Austausch für eine finanzielle Kompensation (sogenanntes „Blutgeld“) eine Begnadigung zu gewähren.
Jugendliche im Todestrakt
Iran ist einer der wenigen Staaten weltweit, der weiterhin gegen Minderjährige die Todesstrafe verhängt und an ihnen vollstreckt. Es handelt sich dabei um jugendliche Straftäterinnen und Straftäter, die zum Tatzeitpunkt noch keine 18 Jahre alt waren. Nach Feststellungen von Amnesty sind im Jahr 2019 mindestens vier Jugendliche in Iran gehängt worden. Es erfüllt die Organisation mit großer Sorge, dass sich in dem Land aktuell mindestens 90 Jugendliche im Todestrakt befinden.
Nein zur Todesstrafe
Amnesty lehnt die Todessstrafe in allen Fällen und ohne Ausnahme ab, weil sie das Recht auf Leben verletzt, das in den Allgemeinen Erklärungen der Menschenrechte garantiert wird.
Das Völkerrecht verbietet explizit die Verhängung der Todesstrafe gegen unter 18-Jährige. Dieses Verbot basiert auf dem weltweiten Konsens, dass junge Menschen die Konsequenzen ihres Handelns nicht im vollen Umfang verstehen und daher nicht gleich hart bestraft werden dürfen wie Erwachsene.
Mehr dazu in englischer Sprache https://www.amnesty.org/en/latest/news/2020/04/iran-execution-of-young-man-vengeful-and-cruel/
Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe