10. Oktober: Internationaler Tag gegen die Todesstrafe

„LEBENSBEDINGUNGEN IM TODESTRAKT − SCHLUSS MIT DER GRAUSAMKEIT DER TODESSTRAFE, SCHAFFT SIE AB!“

Der 10. Oktober ist der Internationale Tag gegen die Todesstrafe, kurz Welttag gegen die Todesstrafe. Seit 2003 wird er jährlich von der „Weltkoalition gegen die Todesstrafe“ (World Coalition against the Death Penalty“ − WCADP) ausgerufen, einem Dachverband mit über 150 Mitgliedsorganisationen, darunter auch Amnesty International. Ziel des Aktionstages ist es, auf die weltweite Anwendung der Todesstrafe aufmerksam zu machen und gegen diese Strafe zu mobilisieren.

In diesem Jahr steht das Thema „Lebensbedingungen im Todestrakt“ im Fokus der Aktionen des Welttags. Zum Tode verurteilt zu werden, ist schrecklich, auch dann, wenn man ein schreckliches Verbrechen begangen hat. Die Vorstellung, oft jahrelang mit der qualvollen Gewissheit leben zu müssen, in absehbarer Zeit getötet zu werden, also per Gesetz aus dem Leben befördert zu werden, ist schwer erträglich. Die besonderen Haftbedingungen von zum Tode Verurteilten ist eine ernste Angelegenheit, die sich in der Mehrheit der Staaten stellt, die noch an der Todesstrafe festhalten. Der 16. Welttag gegen die Todesstrafe am 10. Oktober 2018 will das Bewusstsein für die menschenunwürdigen Lebensumstände, denen Menschen in der Todeszelle ausgesetzt sind, schärfen.

Zum Tode verurteilt zu sein ist ohnehin eine traumatische Situation, die durch einige Begleitumstände eine Verschärfung erfahren kann. So können die Lebensbedingungen von Todeshäftlingen in den Gefängnissen von Land zu Land sehr unterschiedlich sein. Sie reichen von strikter Einzelhaft in den Vereinigten Staaten bis hin zu überfüllten Vollzugsanstalten in mehreren Ländern Afrikas und Asiens. Gemeinsames Grundmuster der Haftbedingungen ist es, die Verurteilten zu entmenschlichen und ihnen die Würde zu nehmen. Todeskandidaten werden somit zu Menschen abgestempelt, auf die die Gesellschaft nicht mehr setzt. Noch bevor sie hingerichtet werden behandelt man sie nicht selten so, als ob sie nicht mehr lebten.

In weiten Teilen der Welt entsprechen die Bedingungen, unter denen Gefangene in den Todeszellen einsitzen, oftmals bei weitem nicht den von den Vereinten Nationen vorgeschriebenen Standards, dass Gefangene angemessen verpflegt werden, die Möglichkeit zur Bewegung erhalten und dass sie mit der Außenwelt korrespondieren dürfen. Hinzu kommt, dass zum Tode Verurteilte kaum Kontakt zu ihren Familienangehörigen und Anwälten haben, da der Zugang zum Todestrakt im Gefängnis oft sehr eingeschränkt ist. Deshalb belasten die Haftbedingungen nicht nur unmittelbar die zum Tode Verurteilten, sondern mittelbar auch deren Familienangehörigen, ihre Verwandten und ihre anwaltliche Vertretung.

Zum Tode Verurteile sind nicht selten viele Jahre, unter Umständen sogar Jahrzehnte im Todestrakt inhaftiert. Das Warten auf die eigene Hinrichtung ist eine grausame psychische Qual. Der oder die Verurteilte wird gezwungen, tagtäglich mit der Vorstellung zu leben, in absehbarer Zeit getötet zu werden − vielleicht aber auch nicht. Der so erzeugte psychische Druck ist vermutlich Grund dafür, dass einige Todeshäftlinge den Wunsch äußern, man möge ihr Berufungsverfahren einstellen und sie hinrichten, andere werden psychisch krank oder begehen Suizid.

Häufig mangelt es an Transparenz über den Stand von Gnadengesuchen oder über geplante Hinrichtungstermine. Die so erzeugte Ungewissheit stürzen Gefangene, aber auch ihre Familien und Anwälte in ein ständiges Gefühlschaos zwischen Todesfurcht und Überlebenshoffnung und sind für alle Beteiligten eine schwere psychische Belastung.

Die Aspekte der Inhaftierung sind also vielfach geeignet, die Grausamkeit der Todesstrafe noch zu verschlimmern.

DIE POSITION VON AMNESTY INTERNATIONAL

Bis zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe sollten alle Länder, die diese grausame und unmenschliche Strafe noch vorsehen, dafür Sorge tragen, dass Todeskandidatinnen und -kandidaten mit Menschlichkeit und Würde behandelt werden, dass ihnen angemessene körperliche und geistige Gesundheitsfürsorge zuteilwird und dass sie unter Einhaltung völkerrechtlicher Standards inhaftiert werden.

Die Todesstrafe ist niemals die Lösung. Sie ist die äußerste Form grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Strafe. Alle Länder sollten sich der weltweiten Bewegung zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe anschließen, um auf diese Weise dem Recht auf Leben Achtung zu schenken und die Menschenwürde zu schützen.

Niemand sollte unmenschliche Haftbedingungen ertragen müssen. Dennoch sind Todeskandidaten oft schlechten Lebensbedingungen, strikter Isolation, längerer Einzelhaft und extremen Ängsten aufgrund der drohenden Hinrichtung und mangelnder Transparenz über ihre Situation ausgesetzt.

Die Forderung nach besseren Haftbedingungen im Todestrakt ist berechtigt, aber nur ein Minimalziel. Es bleibt die Kernforderung an alle Staaten, die an der Todesstrafe festhalten, alle Hinrichtungen unverzüglich zu stoppen und die Todesstrafe im Gesetz vollständig abzuschaffen. Amnesty International ist überzeugt, dass sich die Grausamkeit der Todesstrafe nur dadurch beseitigen lässt, indem die Todesstrafe ein für alle Mal aufgegeben wird.

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♦  “Isoliert, erniedrigt und gequält: Zum Tode Verurteilte leiden unter unmenschlichen Haftbedingungen”, ein kurzer Bericht in Deutsch [klick hier].

♦  aktueller Bericht in englischer Sprache [hier klicken]

Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 26.09.2018

26. Dezember 2019