Eine Handvoll Staaten ist für die Masse der weltweit gezählten Hinrichtungen verantwortlich. Das dokumentiert der neue Amnesty-Bericht zur Todesstrafe. Er zeichnet für das abgelaufene Jahr 2017 ein gemischtes Bild, geprägt von Fortschritten wie Rückschlägen.
Amnesty International registrierte 2017 weltweit einen Rückgang sowohl der Hinrichtungen als auch der verhängten Todesurteile. Weniger als 1.000 Hinrichtungen und weniger als 2.600 neue Todesurteile bedeuteten eine Abnahme um vier bzw. 17 Prozent im Vergleich zu 2016. Unberücksichtigt in der Bilanz blieben allerdings – wie schon in den Vorjahren – die Zahlen zur Todesstrafe in China. Amnesty hat keinen Zweifel, dass China erneut der weltweit führende Henkerstaat war. Auch wenn Daten über die Todesstrafe als Staatsgeheimnis eingestuft sind, dürfte die Zahl der Todesurteile und Hinrichtungen dort unverändert in die Tausende gehen.
Zwei Länder – Guinea und die Mongolei – schafften die Todesstrafe für alle Straftaten ab, während Guatemala sie für gewöhnliche Verbrechen wie Mord aufgab. Ende 2017 hatten insgesamt 142 Staaten sie per Gesetz oder in der Praxis beendet. Diese Zahlen bestätigen erneut den globalen Trend zur Abschaffung der Todesstrafe.
Nur eine isolierte Minderheit von Staaten führt noch Hinrichtungen durch. China unberücksichtigt waren 2017 lediglich vier Staaten für 84 Prozent aller bekannt gewordenen Hinrichtungen verantwortlich: Iran, Saudi-Arabien, Irak und Pakistan. Es gehört zur bitteren Realität, dass derzeit weltweit fast 22.000 Menschen in der Todeszelle sitzen und damit rechnen müssen, dass das Todesurteil an ihnen vollstreckt wird.
Beunruhigend ist die Beobachtung von Amnesty, dass in der Mehrheit der Länder, in denen Menschen 2017 zum Tode verurteilt oder hingerichtet wurden, die Todesstrafe nach Gerichtsverfahren erging, die nicht den internationalen Rechtsstandards für einen fairen Prozess entsprachen. Nicht selten wurden Straftaten mit der Todesstrafe geahndet, bei denen keine Person vorsätzlich getötet worden war. Dabei schreibt das Völkerrecht vor, dass die Todesstrafe auf „schwerste Verbrechen“ beschränkt sein muss. Drogendelikte beispielsweise, die 2017 häufig die Todesstrafe nach sich zogen, gehören nicht dazu. Zu den unakzeptablen Details der Todesstrafen-Praxis des Jahres 2017 gehörten auch: die Hinrichtung von Minderjährigen und geistig Behinderten, zwingend vorgeschriebene Todesurteile sowie die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Todesstrafe.
Fortschritte waren in der Region Afrika südlich der Sahara zu verzeichnen. Die Zahl der neu verhängten Todesurteile ging gegenüber dem Vorjahr merklich zurück. Hinrichtungen fanden nur in zwei Staaten statt, in Somalia und Südsudan. In der gesamten Region Amerika sind die USA das einzige Land, das noch Gefangene hinrichtet. Und auch die Region Europa und Zentralasien weist mit Belarus nur einen einzigen Staat auf, der 2017 die Todesstrafe anwandte. Papua-Neuguinea ist das einzige Land in der Pazifik-Region, das noch von der Todesstrafe Gebrauch macht.
Diese wenigen Beispiele zeigen, dass die Welt einen kritischen Punkt überschritten hat und die Abschaffung der grausamsten, unmenschlichsten und erniedrigsten Strafe in Reichweite gerückt ist. Amnesty International wendet sich in ausnahmslos jedem Fall gegen diese Strafe.
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