In Iran sitzen Tausende weiterhin in den Todeszellen. Das Land hat eine der weltweit höchsten Pro-Kopf-Raten an Hinrichtungen. Führen Reformen des Strafrechts jetzt zu weniger Exekutionen?
Am 14. November 2017 traten in Iran Gesetzesänderungen in Kraft, die die Schwelle für die Anwendung der Todesstrafe bei Drogenvergehen erhöhen. Die Verhängung der Todesstrafe wird zukünftig beschränkt auf den Besitz oder Handel von zwei Kilogramm harter Drogen (z. B. Heroin), drei Kilo Methamphetamin (Crystal Meth) oder mehr als 50 Kilogramm Cannabis oder Opium. Die Todesstrafe bleibt bestehen für Wiederholungstäter, bei Drogendelikten mit Todesfolge, bei Drogenhandel mit Waffengebrauch und für Personen, die eine größere Rolle in der Organisation und Finanzierung des Drogenhandels inne hatten.
Im November 2016 sagte Hassan Nowruzi, ein Sprecher des Justizausschusses des Parlaments, dass 5.000 Menschen auf ihre Hinrichtung wegen Drogendelikten warten, die Mehrheit von ihnen 20 bis 30 Jahre alt und Ersttäter. Am 9. Januar 2018 ordnete der Leiter der Justizbehörde, Sadegh Larijani, an, die Todesurteile, die in Zusammenhang mit Drogenkriminalität stehen, vorerst auszusetzen, während diese nachgeprüft werden.
Die Lockerung der Anti-Drogen-Gesetze könnte nun Hunderte vor dem Galgen verschonen. Magdalena Mughrabi, stellvertretende Direktorin von Amnesty International für den Nahen Osten und Nordafrika kommentierte am 10. Januar 2018 „Irans tödliche Anti-Drogen-Kampagne hat im Laufe der Jahre einen enormen menschlichen Tribut gefordert, der im Namen schlecht durchdachter Kriminalpräventionsmaßnahmen zu schweren Menschenrechtsverletzungen geführt hat. Die iranischen Behörden haben tausende Menschen wegen Drogendelikten hingerichtet, was eine eklatante Verletzung des Völkerrechts darstellt, das die Anwendung der Todesstrafe auf die schwersten Verbrechen, die mit vorsätzlichen Tötungen verbunden sind, einschränkt. Wenn diese lange überfällige Reform richtig umgesetzt wird, werden Hunderte vom Gang zum Galgen verschont bleiben. Aber dies sollte nur der Anfang sein. Die iranischen Behörden müssen aufhören, die Todesstrafe für Drogendelikte anzuwenden, und sie für alle Straftaten abschaffen.“
Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 03. März 2018