Malaysia: Gesetzesreformen machen Hoffnung

Amnesty International begrüßt das Vorhaben der malaysischen Regierung, den Paragrafen 39B des Gesetzes über gefährliche Drogen (Dangerous Drugs Act) von 1952 abzuändern, der bislang zwingend die Todesstrafe für Drogendelikte vorsieht. Gerichte sollen künftig mehr Spielraum bei der Strafzumessung haben. Die Organisation ermutigt die Regierung des Landes, mit den geplanten Änderungen die zwingende Todesstrafe komplett zu streichen und ein vollständiges Hinrichtungsmoratorium als ersten Schritt zur Abschaffung der Todesstrafe einzurichten.

Derzeit stellt das Strafgesetzbuch Malaysias etliche Straftatbestände zwingend unter Todesstrafe, dazu zählen Mord, terroristische Straftaten, Drogenhandel, Verrat und Schusswaffendelikte wie Raub, Entführung und Einbruchdiebstahl. Die Richter haben das Ermessen, die Todesstrafe für weitere Straftaten anzuwenden, darunter Waffenhandel, Vergewaltigung und militärische Verbrechen. Die zwingende Verhängung der Todesstrafe für bestimmte Delikte ist mit dem Schutz der Menschenrechte unvereinbar, weil sie weder die Berücksichtigung der persönlichen Lebensumstände des Angeklagten noch die Umstände des jeweiligen Verbrechens zulässt. Der UN-Menschenrechtsausschuss hat erklärt, dass die zwingend vorgeschriebene Todesstrafe einen Verstoß gegen Artikel 6, Absatz 1 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte darstelle, der bestimmt, dass niemand willkürlich seines Lebens beraubt werden darf. Gemäß Völkerrecht darf die Todesstrafe überdies nur für die „schwerwiegendsten Straftaten“ verhängt werden. Der UN-Menschenrechtsausschuss hat mehrfach betont, dass es sich dabei ausschließlich um vorsätzliche Tötungsdelikte handelt, nicht jedoch um Straftaten im Zusammenhang mit Drogen.

Die Ankündigung Malaysias, die zwingend vorgeschriebene Todesstrafe für Drogendelikte abschaffen zu wollen, folgte einer parlamentarischen Antwort von Justizministerin Datuk Seri Azalina Othman Said vom 30. Oktober diesen Jahres. Demnach sei der erste Entwurf der Gesetzesänderung von der Generalstaatsanwaltschaft vervollständigt worden und benötige noch die Zustimmung des Kabinetts.

Amnesty International glaubt, dass diese Änderungen ein Schritt in die richtige Richtung sein können, hofft jedoch, dass diese auch effektiv und weitreichend umgesetzt werden. Die Organisation ruft die malaysischen Behörden erneut dazu auf, die zwingend vorgeschriebene Todesstrafe komplett aus dem Strafrecht zu entfernen und den Anwendungsbereich dieser Strafe gemäß dem Völkerrecht bis zu ihrer vollständigen Abschaffung auf die „schwersten Verbrechen“ zu beschränken.

Die malaysische Sektion von Amnesty International ist derweil besorgt, dass die geplanten Gesetzesänderungen in ihrer derzeitigen Fassung den Gerichten lediglich beschränkten Ermessenspielraum für Angeklagte lassen, denen der Transport verbotener Substanzen vorgeworfen wird. Untersuchungen der Organisation zeigen, dass ähnliche Reformen, die seit 2013 in Singapur eingeführt wurden, nur wenig zum Schutz der Menschenrechte beitragen. In dem Land wird weiterhin in sehr großem Maße die zwingende Todesstrafe verhängt, wobei die große Mehrheit aller Todesurteile nach wie vor wegen Drogenhandels ergeht. Zudem betrifft die Todesstrafe weiterhin hauptsächlich wirtschaftlich und sozial benachteiligte Menschen, die der Einführung vergleichsweise kleiner Mengen verbotener Substanzen schuldig befunden wurden.

Die malaysische Regierung gab bekannt, dass seit Ende April 2016 insgesamt 1.042 Personen, davon 629 Malaysier und 413 ausländische Staatsangehörige, wegen Mordes, dem Handel mit Drogen oder Schusswaffen und Entführung zum Tode verurteilt wurden. 16 Todestraktinsassen wurden seit 2010 hingerichtet.

Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 04. November 2017