Die saudi-arabischen Behörden haben am 2. Oktober einen Mann exekutiert. Damit steigt die Gesamtzahl der Menschen, die im Laufe dieses Jahres hingerichtet wurden, auf 100. 60 Todesurteile sind allein in den letzten drei Monaten vollstreckt wurden.
„Seit Juli 2017 veranstaltet die saudi-arabische Regierung eine regelrechte Hinrichtungsorgie mit durchschnittlich fünf Exekutionen pro Woche. Damit bleibt das Land fest auf Kurs, einer der produktivsten Henkerstaaten auf dem Planeten zu sein“, sagt Lynn Maalouf, Direktorin von Amnesty International für den Nahen Osten. Zwischen 1985 und 2016 hat Saudi-Arabien mehr als 2.000 Menschen enthaupten lassen.
„Wenn die saudischen Behörden wirklich darauf abzielen, Reformen durchzuführen, müssen sie sofort ein offizielles Hinrichtungsmoratorium verfügen, und zwar als einen ersten Schritt zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe.“
Vierzig Prozent der Todesstrafen, die bislang in diesem Jahr vollstreckt wurden, waren für Drogendelikte verhängt worden, und damit für Straftatbestände, die nicht in die Kategorie der „schwerwiegendsten Verbrechen“ fallen. Die Anwendung der Todesstrafe für solche Straftaten verstößt gegen internationale Menschenrechtsnormen.
Amnesty International hat seit 2013 einen starken Anstieg von Todesurteilen gegen politisch Andersdenkende in Saudi-Arabien dokumentiert. Betroffen sind unter anderem häufig Angehörige der schiitischen Minderheit. In Saudi-Arabien werden zudem Personen zum Tode verurteilt und hingerichtet, die zum mutmaßlichen Tatzeitpunkt noch minderjährig waren. Dies verstößt gegen die Verpflichtungen des Landes nach dem Völkergewohnheitsrecht und dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes.
Die internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren werden in Saudi-Arabien in der Regel nicht eingehalten und die UN-Garantien zum Schutz der Rechte von Personen, denen die Todesstrafe droht, werden nicht gewährt. Die Gerichtsverfahren, in denen die Verhängung eines Todesurteils möglich ist, werden oftmals im Geheimen abgehalten. Bei den Prozessen handelt es sich häufig um Schnellverfahren, die nicht den internationalen Standards für faire Verfahren entsprechen. Die Angeklagten haben während ihrer Haft und im Gerichtsverfahren vielfach keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand. Die Angeklagten können allein auf der Basis von durch Folter oder andere Misshandlung erzielten „Geständnissen“ verurteilt werden.
Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 04. Oktober 2017