ARMUT UND TODESSTRAFE – EIN TÖDLICHER MIX
Der 10. Oktober ist der Internationale Tag gegen die Todesstrafe, kurz Welttag gegen die Todesstrafe. Seit 2003 wird er jährlich von der „Weltkoalition gegen die Todesstrafe“ (World Coalition against the Death Penalty“ − WCADP) ausgerufen, einem Dachverband mit über 150 Mitgliedsorganisationen, darunter auch Amnesty International. Ziel des Aktionstages ist es, auf die weltweite Anwendung der Todesstrafe aufmerksam zu machen und gegen diese Strafe zu mobilisieren.
Dieses Jahr liegt der Schwerpunkt des Internationalen Tags gegen die Todesstrafe auf dem Zusammenhang von Todesstrafe und Armut. Studien zeigen, dass Menschen aus benachteiligten sozioökonomischen Verhältnissen unverhältnismäßig oft mit der Strafjustiz in Berührung kommen und diejenigen sind, die am häufigsten zum Tode verurteilt werden.
Weiter können diese sich oft keine guten Rechtsanwälte zur Verteidigung gegen ihnen vorgeworfene Straftaten leisten. Ob und wie sich Menschen in dem Strafjustizsystem zurechtfinden, hängt oftmals von ihrem Alphabetisierungsgrad ab und wird auch dadurch beeinflusst, ob sie einflussreiche soziale Netzwerke haben und mobilisieren können oder nicht.
Strafrechtssysteme können auch die Vorurteile widerspiegeln, die eine Gesellschaft Menschen gegenüber hegen, die arm sind oder einem unterprivilegierten Milieu entstammen. Armut kann somit ein Schlüssel für die Verhängung der Todesstrafe sein. Wenn also der soziale Status eines Täters oder einer Täterin eine entscheidende Rolle bei der Verhängung von Todesurteilen spielen kann, muss man der Todesstrafe attestieren, dass sie in diskriminierender Weise eingesetzt wird. Amnesty International will am Welttag gegen die Todesstrafe Aufmerksamkeit dafür schaffen, dass dort, wo die Todesstrafe angewendet wird, sie der Ungleichheit vor dem Gesetz Vorschub leistet.
DIE POSITION VON AMNESTY INTERNATIONAL
Die Todesstrafe ist niemals die Lösung. Selbst wenn sich die Auswirkungen wirtschaftlicher Ungleichheit beseitigen ließen, würden in jedem System, in dem Menschen über Menschen zu Gericht sitzen, mögliche Fehlerquellen und Ungleichheiten fortbestehen. Eine fehlerhafte Entscheidung, die einem Menschen das Leben nimmt, kann nicht wieder rückgängig gemacht werden und ist daher nicht zu tolerieren.
Amnesty International ist überzeugt, dass weit weniger Menschen zum Tode verurteilt würden, wenn das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren eingehalten würde und alle eines Kapitalverbrechens Angeklagte zu ihrer Verteidigung einen angemessenen Rechtsbeistand hinzuziehen könnten. Die Forderung nach fairen Gerichtsverfahren und einer kompetenten anwaltlichen Vertretung ist berechtigt, aber nur ein Minimalziel. Es bleibt die Kernforderung an alle Staaten, die an der Todesstrafe festhalten, alle Hinrichtungen unverzüglich zu stoppen und die Todesstrafe im Gesetz vollständig abzuschaffen.
Deshalb fordert Amnesty International anlässlich des 15. Internationalen Tags gegen die Todesstrafe von Staaten,
♦ zu gewährleisten, dass jedem Angeklagten das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren und auf einen effektiven Rechtsbeistand gewährt wird;
♦ eine Prozesskostenhilfe für mittellose Angeklagte und Verurteilte bereitzustellen;
♦ alle Todesurteile umzuwandeln und einen Hinrichtungsstopp zu verfügen mit dem Ziel, die Todesstrafe abzuschaffen.
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WERDEN SIE AKTIV
♦ Hoo Yew Wah ist 32 Jahre alt und sitzt in Malaysia im Todestrakt. Der junge Mann wurde 2005 festgenommen und anschließend wegen mutmaßlichen Drogenschmuggels zum Tode verurteilt.
Hoo Yew Wah stammt aus armen und unterprivilegierten Verhältnissen. Er brach im Alter von elf Jahren die Schule ab, um in einem Straßenlokal als Koch zu arbeiten. Zum Tatzeitpunkt war er 20 Jahre alt. Es handelte sich um seine erste Straftat und es war kein Gewaltverbrechen.
Fordern Sie die malaysischen Behörden auf, das gegen Hoo Yew Wah verhängte Todesurteil in eine Haftstrafe umzuwandeln.
→ Online-Appell von Amnesty-Australien in englischer Sprache [hier klicken].
Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 10. Oktober 2017