Singapur: Hinrichtungen verletzen Völkerrecht

Am Freitag, 18. November, sind ein nigerianischer und ein malaysischer Staatsangehöriger in Singapur geheim hingerichtet worden. Sie waren wegen Drogenhandels schuldig gesprochen worden, was damals nach singapurischem Recht zwingend mit der Todesstrafe geahndet wurde.

Wird eine Person in Singapur mit einer Menge Drogen angetroffen, die über der im Gesetz exakt festgelegten Grenze für verschiedene Rauschgifte liegt, wird automatisch angenommen, dass die Drogen zum Handel vorgesehen sind. In einem solchen Fall muss die Person ihre Unschuld beweisen. Diese Beweislastumkehr stellt einen Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren und insbesondere gegen die Unschuldsvermutung dar. Die zwingende Verhängung der Todesstrafe für bestimmte Delikte ist überdies ein Verstoß gegen das Völkerrecht, weil dabei die persönlichen Umstände oder die Umstände der betreffenden Straftat in keiner Weise Beachtung finden. Gemäß Völkerrecht darf die Todesstrafe außerdem nur für die „schwerwiegendsten Straftaten“ verhängt werden. Der UN-Menschenrechtsausschuss hat mehrfach entschieden, dass Drogendelikte nicht in diese Kategorie fallen.

Josef Benedict, bei Amnesty International für Südostasien und die pazifische Region zuständiger Direktor, kommentiert in scharfen Worten: „Die Behörden in Singapur haben mit diesen schändlichen Hinrichtungen das Völkerrecht schamlos verletzt. Die Todesstrafe ist eine grausame und irreversible Strafe, der der Großteil der Welt den Rücken zugekehrt hat. Singapur bleibt weiterhin ein Ausreißer und hängt Menschen für Verbrechen, die nicht die hohe Vorgabe erfüllen, zu den „schwersten Verbrechen“ zu zählen, auf die das Völkerrecht die Todesstrafe beschränkt. Die Todesstrafe ist nie eine Lösung. Sie wird Singapur weder vom Drogenproblem befreien noch als eine wirksame Abschreckung dienen.“

Ende 2015 befanden sich in Singapur mindestens 23 Personen im Todestrakt. 2015 wurden dort vier Hinrichtungen durch den Strang vollzogen.

Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 18. November 2016