Amnesty International äußert ihre Enttäuschung darüber, dass die Mongolei ihr neues Strafgesetzbuch nun erst im Juli 2017 mit einer Verzögerung von fast einem Jahr in Kraft setzen wird. Die Organisation erinnerte das Land daran, seinen menschenrechtlichen Verpflichtungen unverzüglich nachzukommen. Die angeführten logistischen Herausforderungen sind nach Auffassung von Amnesty keine Gründe, die einer Abschaffung der Todesstrafe im Wege stehen sollten.
Das neue Strafgesetzbuch war vom Parlament im Dezember 2015 verabschiedet worden und sollte wie geplant in diesen Tagen, im September 2016, Wirksamkeit erlangen. Mit dem neuen Strafgesetzbuch wären sowohl die Todesstrafe abgeschafft als auch ein Folterverbot festgeschrieben worden. Von diesen positiven Schritten wäre die klare Botschaft ausgegangen, dass Todesstrafe und Folter in der Mongolei keinen Platz mehr haben. Die Mongolei wäre das 104. Land geworden, das die Todesstrafe für alle Verbrechen abgeschafft hat.
Doch am 30. August 2016 nahm das Parlament ein Gesetz an, das die Umsetzung des neuen Strafgesetzbuchs um weitere zehn Monate vertagt. Die Behörden erklärten, es sei mehr Zeit erforderlich, um die Implementierung des Gesetzes vorzubereiten. Begründet wurde dies unter anderem mit der Ausbildung der Polizeibeamten, der Ausarbeitung von Regeln und Verfahrensvorschriften sowie einer notwendigen Stärkung der Strafjustiz.
Amnesty International fordert die mongolischen Behörden auf, ihre Entscheidung rückgängig zu machen und die Todesstrafe in der nationalen Gesetzgebung vorrangig und rasch abzuschaffen und währenddessen alle bestehenden Todesurteile umzuwandeln.
Die letzte Hinrichtung in der Mongolei fand im Jahr 2008 statt. Dort war die Todesstrafe als Staatsgeheimnis eingestuft. Seitdem hatte das Land eine Reihe von Schritten in Richtung ihrer Abschaffung auf den Weg gebracht. Im Jahr 2010 wandelte der Präsident des Landes, Tsachiagiin Elbegdordsch, alle anhängigen Todesurteile um und verfügte einen offiziellen Hinrichtungsstopp. Im Jahr 2012 ratifizierte die Mongolei das Zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte. Dieser internationale Vertrag verpflichtet das Land, die Todesstrafe zu beenden indem es seine innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit dem Menschenrechtsvertrag in Einklang bringt.
Die Reise der Mongolei in Richtung Abschaffung wurde von der internationalen Gemeinschaft anerkannt und hat dem Land die Möglichkeit gegeben, seine nationalen Erfahrungen bei der Abschaffung mit anderen zu teilen. Das Parlament hat mit seiner jüngsten Kehrtwende nun einen Schatten auf diese Errungenschaften geworfen.
Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 16. September 2016