Indonesien hat die Strafen für Kindesmissbrauch drastisch verschärft. Sexualstraftätern droht in solchen Fällen nun die chemische Kastration oder gar die Todesstrafe. Präsident Joko Widodo führte die neuen Strafen am 25. Mai per Dekret ein. Er reagierte damit unter anderem auf ein Verbrechen im April, bei dem ein 14-Jähriges Mädchen auf dem Schulweg von mehreren Männern vergewaltigt und getötet worden war. Mit der Gesetzesänderung wird der Anwendungsbereich der Todesstrafe ausgeweitet. Bislang sah Paragraf 81 des Strafgesetzbuchs für sexuelle Gewalt gegen Kinder (unter 18-Jährige) bei erschwerenden Umständen eine Höchststrafe von 14 Jahren Gefängnis vor.
Die Ausweitung der Todesstrafe steht im Gegensatz zu internationalen Standards, wie der UN-Menschenrechtsausschuss anmerkt, und wirft Fragen auf hinsichtlich der Vereinbarkeit mit Artikel 6 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, der das Recht auf Leben schützt. Amnesty International betrachtet chemische Zwangskastrationen als erniedrigende Strafe, die das Grundrecht auf körperliche und geistige Unversehrtheit untergräbt. Die Organisation fordert Indonesien auf, unverzüglich die jüngsten Änderungen des Kinderschutzgesetzes wieder aufzuheben.
Präsident Joko Widodo, der auch für seinen harten Umgang mit Drogenstraftätern bekannt ist, plant in den nächsten Wochen die Hinrichtungen von 15 Menschen, die wegen Drogendelikten die Todesstrafe erhielten. 2015 waren bereits 14 Todesurteile im Zusammenhang mit Drogen vollstreckt worden – trotz scharfer internationaler Proteste. Die indonesischen Behörden haben ihre Hinrichtungspolitik wiederholt als effektives Mittel im Kampf gegen den Drogenschmuggel bezeichnet, obwohl für diese Behauptung keine unabhängigen und glaubhaften Beweise existieren. Gemäß dem Völkerrecht und internationalen Standards darf die Todesstrafe nur im Zusammenhang mit den “schwersten Straftaten” Anwendung finden. Drogendelikte fallen nicht in diese Kategorie. Amnesty International schätzt, dass derzeit rund 165 Gefangene in indonesischen Todeszellen einsitzen.
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Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 29. Mai 2016