Der Tod eines Japaners im Gefängnis, der mehr als 46 Jahre lang damit rechnen musste, hingerichtet zu werden und dessen Todesurteil auf der Grundlage eines erzwungenen „Geständnisses“ erging, unterstreicht die dringende Notwendigkeit, alle ähnlich gelagerten Fälle zu überprüfen, sagt Amnesty International in einer Stellungnahme.
Der Gefangene Okunishi Masaru verstarb am 4. Oktober im Gefängniskrankenhaus Hachioji im Alter von 89 Jahren. Er hatte seine Unschuld stets beteuert und war entschlossen, ein neues Gerichtsverfahren zu erstreiten. Acht Anträge auf Wiederaufnahme seines Verfahrens wurden jedoch von den Behörden abgelehnt. Noch im März 2006 hatte er seine Unterstützer beschworen: „Bitte klärt die falschen Anschuldigungen gegen mich auf, solange ich noch am Leben bin.“ Diese [Grafik] veranschaulicht seinen jahrzehntelangen und verzweifelten Kampf für Gerechtigkeit.
„Japans Justizsystem hat völlig versagt. Es ist empörend, dass man Okunishi Masaru die Wiederaufnahme des Verfahrens verweigerte obwohl sein Fall es fraglos verdient hätte. Stattdessen ließ man ihn für mehr als 46 Jahre in der Todeszelle schmachten“, sagt Hiroka Shoji, Ostasien Expertin bei Amnesty International.
Okunishi Masaru war seit 1969 im Todestrakt, nachdem er wegen der Ermordung von fünf Frauen zum Tode verurteilt worden war. Er hatte das Verbrechen „gestanden“, nachdem er über fünf Tage hinweg stundenlang von der Polizei verhört und misshandelt worden war, ohne dass ihm ein Anwalt zur Seite stand.
Bei seinem ersten Gerichtsverfahren widerrief er sein „Geständnis“ und wurde aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Doch ein höheres Gericht hob das Urteil auf und verurteilte ihn schließlich zum Tode.
Mehr als vier Jahrzehnten lebte er in ständiger Angst, jeder Tag könnte sein letzter sein. Todestraktinsassen in Japan werden erst wenige Stunden vorher über ihre bevorstehende Hinrichtung informiert, die im Geheimen stattfindet. Wie die meisten Gefangenen, denen die Hinrichtung droht, verbrachte Okunishi Masaru fast seine ganze 54-jährige Gefängniszeit in Einzelhaft.
Zwölf Menschen sind in Japan hingerichtet worden, seit Ministerpräsident Shinzo Abe im Dezember 2012 sein Amt antrat. 128 Gefangenen droht derzeit der Vollzug der Todesstrafe. Amnesty International ruft die japanische Regierung auf, ein Moratorium für Hinrichtungen als einen ersten Schritt in Richtung Abschaffung der Todesstrafe einzuführen. Das japanische Justizsystem muss endlich reformiert und in Einklang mit internationalen Standards gebracht werden.
Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 06.10.2015