Amnesty International verurteilt aufs Schärfste die gemeldete Hinrichtung des zum Tode verurteilten Gefangenen Alyaksandr Haryunou. Erst am 4. November wurde bekannt, dass sein Gnadengesuch am 13. Oktober abgelehnt worden war. Zeitgleich erhielt seine Mutter ein Paket mit der Kleidung, die er während seiner Haftzeit in der Todeszelle trug. Am 5. November teilte das Amtsgericht dem Anwalt von Alyaksandr Haryunou mit, dass sein Mandant „gemäß seiner Strafe aus dem Leben geschieden sei“. Alyaksandr Haryunous Familie und sein Anwalt warten nun auf eine offizielle Bestätigung der Hinrichtung. Sie waren weder über den Hinrichtungstermin informiert noch war Ihnen die Möglichkeit gegeben worden, sich von ihm zu verabschieden.
Der 25-jährige Alyaksandr Haryunou war am 14. Juni 2013 in der Stadt Homel im Osten von Belarus zum Tode verurteilt worden. Ihm wurde vorgeworfen, am 20. September 2012 eine Studentin ermordet zu haben. Örtlichen Medienberichten zufolge wurde bei dem Verurteilten eine Persönlichkeitsstörung festgestellt. Der Oberste Gerichtshof hob das Todesurteil am 22. Oktober 2013 auf und gab den Fall der ersten Instanz zur Überprüfung zurück. Am 24. Dezember 2013 verurteilte das Bezirksgericht in Homel ihn jedoch erneut zum Tode. Während des Berufungsverfahrens machte sein Anwalt geltend, dass mehrfach gegen die Standards für einen fairen Prozess verstoßen wurde.
Belarus ist der letzte Staat in ganz Europa und Zentralasien, in dem noch Hinrichtungen durchgeführt werden. Die Todesstrafe wird unter strenger Geheimhaltung angewendet. Das Land ignoriert ebenso seine menschenrechtlichen Verpflichtungen wie den klaren regionalen und globalen Trend zur Abschaffung der Todesstrafe. 2012 richteten die Behörden drei Männer hin. Nach einer 24 Monate währenden Unterbrechung sind 2014 bisher drei Todesurteile vollstreckt worden. Mindestens ein weiterer Mensch bleibt in der Todeszelle und ist in unmittelbarer Gefahr, exekutiert zu werden. Amnesty International fordert erneut Belarus auf, einen sofortigen Hinrichtungsstopp zu verfügen und alle bestehenden Todesurteile umzuwandeln.
Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 10. November 2014