Die aus Sri Lanka stammende Arbeitsmigrantin Rizana Nafeek ist am 9. Januar exekutiert worden. Das Todesurteil wurde in Dawadmi, einer Stadt westlich der saudi-arabischen Hauptstadt Riad, mit dem Schwert vollstreckt.
Rizana Nafeek hatte als Hausmädchen in Saudi-Arabien gearbeitet. Im Mai 2005 war sie von den Behörden verhaftet und angeklagt worden, ein ihr anvertrautes Kleinkind getötet zu haben. Am 16. Juni 2007 wurde sie des Mordes für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Sie hatte weder während der Verhöre noch während des Gerichtsverfahrens Zugang zu einem Rechtsbeistand. Es wird angenommen, dass sie den Mord während eines Polizeiverhörs gestanden, ihre Aussage jedoch später zurückgezogen hat. Sie gab an, dass ihr das „Geständnis“ nach der Anwendung körperlicher Gewalt abgenötigt worden sei. Sie erklärte, der Tod des Babys sei ein Unfall gewesen. Es soll erstickt sein, als es aus einer Flasche trank.
Amnesty International befürchtet, dass Rizana Nafeek zum Zeitpunkt der ihr zur Last gelegten Tat erst 17 Jahre alt gewesen sein könnte. Sie hatte bei ihrer Einreise nach Saudi-Arabien im Mai 2005 angeblich einen Pass vorgelegt, der sie als 23-Jährige auswies. Den Behörden teilte sie nach ihrer Verhaftung mit, dass sie in Wahrheit im Februar 1988 geboren worden und somit minderjährig sei. Diese Aussage wurde jedoch ignoriert. Amnesty International hat erfahren, dass es Rizana Nafeek nicht ermöglicht wurde, ihre Geburtsurkunde oder einen anderen Beweis für ihr wahres Alter vorzulegen. Saudi-Arabien hat das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes ratifiziert, das die Vollstreckung von Todesurteilen an Straftäterinnen und Straftätern verbietet, die zum Zeitpunkt der Tat unter 18 Jahre alt waren.
Erst während ihres Berufungsverfahrens wurde ein Rechtsanwalt beauftragt, Rizana Nafeeks Interessen zu vertreten. Der Rechtsanwalt hat angeblich die Richtigkeit der Angaben eines Dolmetschers angezweifelt, der Rizana Nafeeks erste Aussagen gegenüber der Polizei vom Tamilischen ins Arabische übersetzt hatte. Amnesty International stuft das Gerichtsverfahren gegen Rizana Nafeek als unfair ein.
Ende Oktober 2010 erhielt der Oberste Gerichtshof von Riad das Todesurteil aufrecht. Trotz internationaler Proteste und der besonderen Umstände der Tat ließ der König Saudi-Arabiens keine Gnade walten und unterzeichnete das Todesurteil.
In Saudi-Arabien wird die Todesstrafe für viele Vergehen verhängt. Gerichtsverfahren entsprechen bei Weitem nicht den internationalen Standards für ein faires Gerichtsverfahren. 2012 sind nach Erkenntnissen von Amnesty International mindestens 79 Gefangene hingerichtet worden.
Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 10. Januar 2013