Am 6. November waren die Wählerinnen und Wähler im Bundesstaat Kalifornien aufgerufen, parallel zur Präsidentschaftswahl auch über ein Ende der Todesstrafe abzustimmen. Gefragt wurde, ob es in Kalifornien statt der Todesstrafe als Höchststrafe künftig „lebenslange Haft ohne die Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung“ geben soll. Eine knappe Mehrheit der Stimmberechtigten lehnte dies ab und sprach sich mit 52,7 Prozent für die Beibehaltung der Todesstrafe aus.
Die Initiatoren des Referendums wollten die Anwendung der Höchststrafe vor allem aus Kostengründen verbieten. Sie machten geltend, dass die Abschaffung der Todesstrafe in Kalifornien jährlich einen Betrag von mehr als 100 Millionen Dollar hätte freisetzen können, der nach ihrem Willen in die Aufklärung von Gewaltverbrechen fließen sollte. Die enormen Kosten werden in Kalifornien maßgeblich durch die langwierigen Berufungsverfahren und den aufwendigen Strafvollzug verursacht.
Der bevölkerungsreichste Bundesstaat der USA hat nach Wiederzulassung der Todesstrafe im Jahr 1976 hunderte Menschen zum Tode verurteilt und zwischen 1992 und 2006 insgesamt 13 Männer hinrichten lassen. Gegenwärtig sitzen mehr als 700 Gefangene im Todestrakt. In dem Bundesstaat ist seit sechs Jahren kein Todesurteil mehr vollstreckt worden, weil Richter die vorgesehene Hinrichtungsmethode mit der Giftspritze als verfassungswidrig eingestuft haben.
Das Ergebnis des Referendums in Kalifornien zeigt – trotz des unbefriedigenden Ausgangs – eine dramatische Abkehr von der Todesstrafe: Noch 1978 unterstützten 71 Prozent der Wählerinnen und Wähler eine Initiative zur Wiedereinführung der Todesstrafe in Kalifornien.
Das Abstimmungsergebnis in Kalifornien spiegelt die zunehmende Opposition gegen die Todesstrafe wider, die auch in den gesamten USA festzustellen ist. Dass die öffentliche und politische Unterstützung dieser extremen Strafe schwindet, zeigen auch die nüchternen Zahlen: Neue Todesurteile sind im ganzen Land dramatisch zurückgegangen. Von 315 im Jahr 1996 sank die Zahl auf 78 im Jahr 2011, eine Verringerung um 75 Prozent. Auch Hinrichtungen haben bundesweit stetig abgenommen. 43 Exekutionen im Jahr 2011 und 46 im Jahr 2010 bedeuten einen Rückgang um mehr als 50 Prozent gegenüber 1999. Fünf Staaten haben die Todesstrafe in den letzten fünf Jahren abgeschafft. Momentan ist sie in 17 der 50 Bundesstaaten der USA sowie in der Hauptstadt Washington nicht mehr vorgesehen. Bedauerlicherweise hat es Kalifornien an der Entschlossenheit gefehlt, sich als 18. Staat diesem Trend anzuschließen.
Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 7. November 2012