Sudan: Dem Tod durch Steinigung entgangen

Intisar Sharif Abdallah ist eine junge Frau aus dem afrikanischen Staat Sudan. Am 13. Mai 2012 wurde die 20-Jährige wegen Ehebruchs zum Tode verurteilt. Die Mutter dreier Kinder wurde mit ihrem gerade einmal vier Monate alten jüngsten Sohn inhaftiert. Die Ereignisse nahmen sie psychisch sehr mit und sie begriff das Ausmaß ihrer Strafe nicht.

Das Strafgericht Ombada in Omdurman, einem Vorort der Hauptstadt Khartum, hatte Intisar Sharif Abdallah gemäß Paragraph 146 des sudanesischen Strafgesetzbuches von 1991 des Ehebruchs für schuldig befunden. Das Urteil lautete „Tod durch Steinigung“. Für das Verfahren wurde ihr weder ein Rechtsbeistand noch ein Dolmetscher zur Seite gestellt, obwohl Arabisch nicht ihre Muttersprache ist und sie nur wenig Arabisch spricht. Das Urteil gründete sich allein auf die Aussage von Intisar Sharif Abdallah, die sie gemacht hatte, nachdem sie kurz zuvor von ihrem Bruder geschlagen worden war.

Intisar Sharif Abdallahs Familienangehörige legten beim Berufungsgericht in Omdurman Rechtsmittel ein. Das Berufungsgericht hob am 20. Juni das Steinigungsurteil auf und verwies das Verfahren an das Strafgericht Ombada zurück. Die Richter begründeten ihre Entscheidung mit dem Verstoß des Strafgerichts gegen die verfassungsmäßig garantierten Rechte der Angeklagten auf rechtliche Vertretung. Das Strafgericht Ombada stellte in der Neuverhandlung das Verfahren aufgrund mangelnder Beweise ein und ließ die junge Frau am 3. Juli frei.

Amnesty International wendet sich gegen die Kriminalisierung einvernehmlicher sexueller Beziehungen zwischen Erwachsenen und betrachtet Personen, die sich wegen solcher Handlungen in Haft befinden, als gewaltlose politische Gefangene. Internationale Standards zum Schutz der Menschenrechte verbieten die Todesstrafe zwar nicht uneingeschränkt, allerdings darf die Todesstrafe laut Völkerrecht nur für „schwerste Verbrechen“ verhängt werden. Dies sind Verbrechen, die vorsätzlich begangen wurden und einen tödlichen Ausgang oder sonstige äußerst schwerwiegende Folgen hatten. In den Garantien zum Schutz der Rechte von Personen, denen die Todesstrafe droht, die 1984 vom Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen verabschiedet wurden, heißt es zudem, dass die Todesstrafe grundsätzlich nicht gegen Mütter von Neugeborenen verhängt werden soll.

Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 5. Juli 2012