„Ich habe meine Pflicht als Justizminister erfüllt wie es das Gesetz vorsieht“, sagte Justizminister Toshio Ogawa. Was der japanische Justizminister als seine Amtspflicht ansieht, ist die Unterzeichnung von Hinrichtungsbefehlen. Auf seine Anordnung hin sind am Donnerstag, dem 29. März, drei verurteilte Mehrfach-Mörder gehängt worden. Es waren die ersten Exekutionen in Japan seit Juli 2010.
„Die heutigen Hinrichtungen sind ein äußerster Rückschritt. Sie bringen Japan zurück in das Lager einer Minderheit von Staaten, die noch Todesurteile vollstrecken“, sagt Catherine Baber, stellvertretende Leiterin der Asienabteilung von Amnesty International. „Handlungen, die Menschenrechte verletzen, als ‚Pflicht des Ministers’ zu rechtfertigen, ist inakzeptabel. Vielmehr liegt es in der Verantwortung von politischen Führungspersönlichkeiten, Kriminalität anzugehen, ohne dabei auf eine ultimativ grausame, unmenschliche und erniedrigende Strafe zurückzugreifen.“
Japan ist neben den USA die letzte führende westliche Industrienation, die noch Hinrichtungen vornimmt. Die Todesstrafe wird in dem ostasiatischen Land zumeist bei Mehrfachmorden ausgesprochen und am Galgen vollstreckt. In der Demokratischen Partei, die seit Ende 2009 die Regierung stellt, sehen viele die Höchststrafe kritisch. Erst im September 2010 hatte die Regierung eine grundsätzliche Überprüfung der Todesstrafe angeordnet. Laut Justizminister Ogawa war diese aber zu keinem klaren Ergebnis gekommen. Er begründete die jüngsten Hinrichtungen auch mit Umfragen, wonach die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger Japans die Todesstrafe befürwortet. „Mit […] Zustimmungswerten zur Todesstrafe von 85 Prozent wäre es unverzeihlich, wenn ich keine Hinrichtungen autorisieren würde.“ Bei einer Pressekonferenz ergänzte er: „Ich denke, dass die Entscheidung, wie ein bestimmtes Verbrechen geahndet wird, Sache des Volkes ist. Mit anderen Worten, das Recht der Bestrafung liegt in den Händen der Bürger.“
Nach Angaben des Justizministeriums sind aktuell weitere 132 Todeskandidaten in Japans Gefängnissen vom Vollzug der Todesstrafe bedroht. Unter ihnen befinden sich auch die Drahtzieher des Giftgas-Anschlags auf die Tokioter U-Bahn im Jahr 1995.
Amnesty International kritisiert als besonders grausam, dass die Todeskandidaten in Japan oft jahrelang in Einzelhaft leben. Sie müssen ständig mit ihrem Tod am Galgen rechnen, weil Delinquenten der Zeitpunkt ihrer Hinrichtung erst 60 Minuten vor der Vollstreckung mitgeteilt wird. Sie dürfen sich nicht mehr von ihren Angehörigen verabschieden. Die Angehörigen erfahren von den Hinrichtungen erst im Nachhinein.
Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 29. März 2012