Weißrussland (Belarus) ist weiterhin das einzige Land in Europa und der ehemaligen Sowjetunion, das Todesurteile vollstreckt. Laut Staatsmedien wurden am 16. März 2012 erneut zwei Gefangene hingerichtet.
Am 1. August 2011 erhob die weißrussische Justiz Anklage gegen zwei Männer wegen des Anschlags auf die U-Bahn in Minsk. Es handelt sich um Dzmitry Kanavalau und Uladzslau Kavalyou, beide damals 25 Jahre alt. Bei der Explosion in einer Bahnstation waren am 11. April 2011 15 Menschen gestorben und etwa 300 verletzt worden. Die Generalstaatsanwaltschaft teilte mit, die Anklage unter anderem wegen Terrorismus erfolge aufgrund von „Geständnissen“. Einer der Männer widerrief jedoch vor Gericht sein angebliches Geständnis und beklagte Folter in der Haft. Die Verdächtigen wurden auch für drei frühere Anschläge verantwortlich gemacht. Am 30. November 2011 verhängte der Oberste Gerichtshof nach einem unfairen Prozess gegen die beiden Männer die Todesstrafe. Dem Schuldspruch zufolge wurde Kanavalau wegen Terrorismus und Kavalyou wegen Mitwisserschaft verurteilt. In Belarus kam es zu einer noch nie da gewesenen öffentlichen Welle an Kritik, und es wurden Petitionen zur Verhinderung der Hinrichtung von Dzmitry Kanavalau und Uladzslau Kavalyou gestartet. Über 50.000 Personen unterschrieben die Petition. Auch der Europarat rief Weißrussland dazu auf, die Urteile nicht zu vollstrecken.
Am 14. März 2012 wurde bekannt, dass Staatschef Alexander Lukaschenko die Begnadigung der zum Tode verurteilten Männer abgelehnt hatte. Lukaschenko begründete seine Entscheidung im Staatsfernsehen mit der „besonderen Schwere des Verbrechens und der erhöhten Gefahr für die Gesellschaft“. Am 16. März 2012 wurden beide Männer per Genickschuss exekutiert. Bundesaußenminister Guido Westerwelle verurteilte die Vollstreckung der Todesstrafe. Er bedauere, dass Lukaschenko „alle internationalen Appelle, das Todesurteil nicht zu vollstrecken, ignoriert hat“, sagte Westerwelle. „Es ist eine Schande, dass in Europa im 21. Jahrhundert noch hingerichtet wird“, kommentierte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung Markus Löning.
Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 18. März 2012