Am 13. Januar 2012 wurde Toshio Ogawa im Zuge einer Kabinettsumbildung zum neuen japanischen Justizminister ernannt. Der 63-Jährige sprach sich für eine Wiederaufnahme von Hinrichtungen in seinem Land aus. Zum ersten Mal seit 19 Jahren hatte Japan 2011 keine Todesurteile vollstreckt. Den rund 130 Insassen in der Todeszelle droht nun die Vollstreckung der Todesstrafe. Unter ihnen befinden sich auch einige ehemalige Mitglieder der Weltuntergangssekte Aum Shinrikyo, die wegen der Giftgasanschläge 1995 auf die Tokioter U-Bahn zum Tode verurteilt wurden.
Am 15. Januar erklärte der neue Justizminister, er plane die Wiederaufnahme von Hinrichtungen und sehe dies als eine Aufgabe seiner Amtsausführung an. Obwohl sein Amtsvorgänger Hiraoka Hideo 2011 massiv unter Druck gesetzt worden war, die Vollstreckung von Todesurteilen anzuordnen, widersetze er sich diesem Ansinnen. Als Grund führte er an, dass die Anwendung der Todesstrafe sorgfältiger überprüft werden müsse, bevor weitere Hinrichtungen ausgeführt werden.
In Japan erfolgen Exekutionen durch Erhängen und werden meist im Geheimen ausgeführt, zuletzt am 28. Juli 2010. Den Verurteilten wird lediglich einigen Stunden davor oder auch überhaupt nicht mitgeteilt, dass sie hingerichtet werden. Dies bedeutet, dass die Gefangenen, die bereits alle Rechtsmittel ausgeschöpft haben, während der gesamten Zeit, die sie im Todestrakt sitzen, damit rechnen müssen, hingerichtet zu werden. Die Familien werden üblicherweise erst nach der Vollstreckung des Todesurteils informiert.
Amnesty International fordert den neuen japanischen Justizminister dringend auf, keine Hinrichtungsbefehle zu unterzeichnen und die Arbeitsgruppe zur Todesstrafe, die von der ehemaligen Justizministerin Keiko Chiba in Jahr 2010 eingerichtet wurde, zu unterstützen. Amnesty appelliert an den Minister, unverzüglich ein Hinrichtungsmoratorium zu erlassen und eine öffentliche Diskussion über die Todesstrafe zu ermöglichen.
Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 19. Januar 2012