15 Männer sind am 16. Juni 2011 vom Zentralen Strafgericht Iraks auf der Grundlage von „Geständnissen“ zum Tode verurteilt worden. Der irakische Fernsehsender al-Iraqiya hatte mehrere dieser „Geständnisse“ ausgestrahlt. Es hieß, die Männer seien Mitglieder bewaffneter Gruppen in Irak. Sie waren unter dem Anti-Terror-Gesetz angeklagt und für schuldig befunden worden, im Juni 2006 auf einer Hochzeitsfeier in einer Ortschaft nahe der Hauptstadt Bagdad zahlreiche Menschen, unter ihnen Frauen und Kinder, ermordet sowie die Braut und weitere Frauen und Mädchen vergewaltigt zu haben. Amnesty International hat die von bewaffneten Gruppen in Irak verübten Menschenrechtsverstöße wiederholt scharf verurteilt.
Das Gerichtsverfahren gegen die Männer entsprach möglicherweise nicht den internationalen Standards der Fairness. Ihre im Fernsehen ausgestrahlten „Geständnisse“ könnten zum Teil unter Nötigung zustande gekommen sein. Die 15 Männer sollen zudem über mehrere Wochen hinweg ohne Kontakt zur Außenwelt, d.h. ohne Kontakt zu ihren Rechtsbeiständen oder Familienangehörigen, in Haft gehalten worden sein. Eine solche Form der Inhaftierung birgt für Gefangene ein erhöhtes Risiko, gefoltert oder misshandelt und zu „Geständnissen“ gezwungen zu werden.
Der Prozess selbst soll nur wenige Tage gedauert haben. Noch vor Ende des Verfahrens riefen mehrere Vertreter der irakischen Regierung dazu auf, die 15 Männer öffentlich hinzurichten. Damit verstießen sie gegen das Recht auf einen fairen Prozess und den im Strafrecht unverzichtbaren Grundsatz der Unschuldsvermutung. Am 24. November 2011 ist die Todesstrafe an zwölf der Männer vollstreckt worden. Drei weitere sind nun in unmittelbarer Gefahr, ebenfalls exekutiert zu werden. Generalmajor Hamid al-Moussawi, ein hoher Beamter des Justizministeriums, teilte gegenüber den Medien mit, dass “die Hinrichtung derartig rücksichtsloser Krimineller als Abschreckung diene, die solche Straftaten zukünftig verhindern könne”.
In Irak wird die Todesstrafe äußerst häufig angewandt. Sie war 2004 nach einjähriger Unterbrechung von der irakischen Regierung wieder in Kraft gesetzt worden. Seither sind hunderte Menschen zum Tode verurteilt worden. Die Regierung in Bagdad gibt so gut wie keine Informationen, wie zum Beispiel Statistiken, über Hinrichtungen preis. Derzeit sitzen – soweit bekannt – mindestens 1.000 Menschen in den Todestrakten irakischer Gefängnisse ein. Viele von ihnen wurden in Gerichtverfahren verurteilt, die den internationalen Standards für faire Prozesse nicht entsprachen. Der stellvertretende irakische Justizminister bestätigte, dass am 16. November 2011 elf weitere Gefangene hingerichtet worden waren.
Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 28. November 2011