Am 22. November 2011 kündigte der Gouverneur des US-Bundesstaats Oregon an, bis auf Weiteres auf die Vollstreckung von Todesurteilen verzichten zu wollen. Der Amtsinhaber John Kitzhaber gehört der Demokratischen Partei an. Er trat Anfang 2011 nach einer Unterbrechung seine dritte Amtsperiode an. Er begründete seinen Entschluss, in seiner Zeit als Gouverneur bis Januar 2015 keine Exekutionen mehr zu genehmigen, mit einem Gewissenskonflikt. Kitzhaber war vor seiner politischen Karriere Arzt. Er habe eine Abwägung zwischen seinem hippokratischen Eid und seinem Eid als Staatsdiener treffen müssen. 1996 und 1997 hatte er zwei Hinrichtungen zugestimmt. Er erklärte, diese Entscheidungen hätten ihn nie wieder losgelassen, er bereue sie seit Jahren. Jüngst gewährte er einem zum Tode verurteilten Gefangenen, der auf alle Rechtsmittel verzichtet hatte und am 6. Dezember 2011 hingerichtet werden sollte, einen Vollstreckungsaufschub. Derzeit befinden sich 36 Gefangene im Todestrakt des im Westen der Vereinigten Staaten gelegenen Bundesstaats.
Gouverneur Kitzhaber sagte, er sei zu der Erkenntnis gelang, dass Hinrichtungen seinen Staat nicht sicherer machen. Er halte die Hinrichtung von Straftätern für moralisch falsch. Er fügte hinzu: „Ich bin überzeugt, dass wir eine bessere Lösung finden können, um die Gesellschaft zu schützen und Verbrechensopfer sowie deren Familien zu unterstützen.“ Er bezeichnete das Justizsystem seines Landes als teuer, nicht arbeitsfähig und ungerecht. So komme es vor, dass Menschen für Verbrechen eine Gefängnisstrafe erhielten, während andere für vergleichbare Straftaten mit dem Tode bestraft würden.
Oregon ist bereits der fünfte Bundesstaat der USA, der sich in jüngster Zeit von der Todesstrafe abwendet. Im Juni 2004 erklärte der Bundesstaat New York die Todesstrafe für verfassungswidrig. Im Dezember 2007 schaffte New Jersey die Todesstrafe ab, im März 2009 folgte New Mexico und im Januar 2011 fiel dieser Entschluss auch in Illinois. Im jetzt zu Ende gehenden Jahr 2011 sind landesweit 43 Menschen hingerichtet worden. Das bedeutet einen leichten Rückgang gegenüber dem Vorjahr, als noch 46 Menschen exekutiert wurden. Die USA sind aktuell das einzige Land des amerikanischen Kontinents, das noch Todesurteile vollstreckt.
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Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 23. November 2011