Auf den Tag genau heute vor 30 Jahren wurde das letzte Mal die Todesstrafe in der Deutschen Demokratischen Republik vollstreckt. Der Delinquent war Dr. Werner Teske, 39 Jahre alt, ein Volkswirtschaftler und Hauptmann des Ministeriums für Staatssicherheit. Er war wegen besonders schweren „Versuchs des Landesverrats“, ein militärisches Verbrechen, in einem kurzen Prozess zum Tode verurteilt worden. Die Exekution fand am 26. Juni 1981, um Punkt zehn Uhr vormittags, im Gefängnis in der Alfred-Kästner-Straße in Leipzig statt. Hinrichtungsstätte war die umgebaute ehemalige Hausmeisterwohnung. Hier wurden in einem fensterlosen Raum von 1960 bis 1981 sämtliche DDR-Todesurteile vollstreckt, insgesamt 64. Hingerichtet wurden nicht nur politische Gegner, sondern auch Mörder und NS- oder Kriegsverbrecher. Das letzte nicht-militärische Todesurteil in der DDR vollzog man am 15. September 1972 an einem 20-jährigen Kindermörder.
In der DDR wurden Todesurteile anfangs mit dem Fallbeil oder durch den Strang vollstreckt. Nach 1967 erfolgte dies durch einen „unerwarteten Nahschuss“. Dabei trat der Henker unbemerkt von hinten an den Todeskandidaten heran und schoss ihm etwa beim Schreiben des Abschiedsbriefs aus unmittelbarer Nähe mit einer Pistole in den Hinterkopf oder in das Genick. Das Strafgesetzbuch der DDR legte im Paragraf 60 Absatz 1 zur Todesstrafe fest, dass diese durch einen „Nahschuss in das Hinterhaupt“ zu vollstrecken sei.
Alle Hinrichtungen wurden in Leipzig abgeschirmt von der Öffentlichkeit und unter strengster Geheimhaltung vorgenommen. Die Toten erhielten kein Grab, sondern wurden heimlich eingeäschert. Selbst die Totenscheine wurden gefälscht und verschleierten die wahre Ursache des Todes und den tatsächlichen Sterbeort. Immerhin war trotz der Geheimniskrämerei bekannt, dass das Strafgesetz der DDR für bestimmte Verbrechen wie Mord, Hochverrat, Spionage und Sabotage die Todesstrafe vorsah. Von dem Hinrichtungsort erfuhr man erst nach der Wende.
Die letzte Hinrichtung in der DDR am 26. Juni 1981 markiert auch das Ende der Todesstrafe in Deutschland. In Westdeutschland war sie bereits mit Inkrafttreten des Grundgesetzes am 24. Mai 1949 für alle Straftaten abgeschafft worden, am 20. Januar 1951 auch in West-Berlin. Am 17. Juli 1987 erließ der Staatsrat schließlich eine Verordnung, die die Todesstrafe auch in der Deutschen Demokratischen Republik verbot. Am 18. Dezember 1987 bestätigte die Volkskammer die Abschaffung und stimmte den erforderlichen Strafgesetzesänderungen zu. In den knapp 40 Jahren des Bestehens der DDR wurde 231 Mal die Todesstrafe ausgesprochen und in gut zwei Drittel der Fälle auch tatsächlich vollstreckt.
Das Todesurteil gegen Werner Teske wurde 1993 annulliert. Es hatte bereits vor dem Prozess festgestanden. Gegen einen DDR-Militärrichter und einen Militärstaatsanwalt, die an der Verurteilung des Stasi-Offiziers mitgewirkt hatten, verhängte das Berliner Landgericht 1998 unter anderen wegen Rechtsbeugung eine vierjährige Haftstrafe. Das zuständige sächsische Justizministerium plant, die ehemalige Hinrichtungsstätte, die als Teil des heutigen Amtsgerichts Leipzigs erhalten ist, zu einem Gedenkort auszubauen.
Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 26. Juni 2011