Iran droht Frau mit Hinrichtung

Die 43-jährige

ist in Iran akut vom Vollzug der Todesstrafe bedroht. Sie wurde des Ehebruchs für schuldig befunden und zum Tod durch Steinigung verurteilt.

Die Mutter zweier Kinder zog in dem Gerichtsverfahren ihr „Geständnis“ zurück, das sie während der Verhöre vor Beginn des Prozesses abgelegt hatte. Sie gab an, zu dem „Geständnis“ gezwungen worden zu sein und bestritt, dass sie Ehebruch begangen habe. Ihr Anwalt erklärte, die Angeklagte habe während des Verfahrens keinen Zugang zu einem Verteidiger erhalten. Doch der Oberste Gerichtshof bestätigte das Steinigungsurteil am 27. Mai 2007. Zwei Gnadengesuche wurden abgelehnt.

Die geplante Steinigung löste weltweites Entsetzen aus. Nach heftigen Protesten wurde die Urteilsvollstreckung laut Medienberichten vom 8. Juli 2010 fürs Erste abgesagt. Ob die Frau nun zu einem späteren Zeitpunkt und möglicherweise auf andere Weise hingerichtet werden soll, ist unklar. Fest steht, dass das Todesurteil nicht aufgehoben wurde und alle Rechtsmittel erschöpft sind.

Am 4. August 2010 nahm der Oberste Gerichtshof ein Prüfungsverfahren des Todesurteils auf und erklärte sich einverstanden, auch eine Überprüfung des gesamten Falls in Erwägung zu ziehen, die Sakineh Mohammadis Anwalt gefordert hatte. Amnesty International befürchtet jedoch, dass dies lediglich dazu dienen könnte, den internationalen Druck auf die iranischen Behörden zu verringern, indem eine Entscheidung über die Hinrichtungsmethode verschoben wird.

Am Mittwoch, dem 11. August, strahlte das iranische Staatsfernsehen ein „Geständnis“ von Sakineh Mohammadi Ashtiani aus, in dem sie sich der Beteiligung an der Ermordung ihres Mannes bezichtigt. Fernseh-Geständnisse werden von den Behörden häufig dazu benutzt, inhaftierte Menschen zu belasten. Viele haben diese „Geständnisse“ und Selbstbezichtigungen später mit der Begründung widerrufen, sie seien dazu gezwungen worden, manchmal durch Folter oder andere Misshandlungen. Auch im Fall von Sakineh Ashtiani gibt es unbestätigte Berichte, dass sie kürzlich im Zentralgefängnis von Täbris gefoltert bzw. misshandelt wurde.

Hassiba Hadj Sahraoui, stellvertretende Abteilungsleiterin für den Mittleren Osten und Nordafrika bei Amnesty International kritisierte das Vorgehen der Behörden scharf. „Diese Aufnahme zeigt nur, dass es an Beweisen gegen Sakineh Ashtiani mangelt. Wenn die iranische Justiz ernst genommen werden will, muss sie dieses “Geständnis” außer acht lassen und zusichern, dass es die Überprüfung ihres Falls nicht beeinflussen wird.”

Am 8. September erklärte ein Sprecher des Außenministeriums, dass die Steinigung von Sakineh Mohammadi Ashtiani wegen Ehebruchs “gestoppt” worden sei. Er sagte aber auch: “wegen Beihilfe zum Mord wird es in Kürze eine Entscheidung geben.” Amnesty International ist besorgt, dass die iranischen Behörden in Verbindung mit dem Tod ihres Ehemannes offenbar neue Anschuldigungen gegen sie vorbereiten, obwohl ihr Pflichtverteidiger Amnesty mitgeteilt hat, dass sie von der Mordanklage freigesprochen worden sei. Der Oberste Gerichtshof hatte die gegen Frau Ashtiani verhängte Strafe im Jahr 2009 auf fünf Jahre herabgesetzt – was die Höchststrafe für “Beteiligung am Mord” ist.

Sakineh Mohammadi Ashtiani befindet sich seit 2005 im Gefängnis von Täbris, Hauptstadt der Provinz Aserbaidschan, im Westen des Landes. Seit August 2010 ist es ihr nicht mehr gestattet, Besuch zu empfangen. Am 10. Oktober 2010 nahmen die Behörden auch Ashtianis Sohn, Sajjad Qaderzadeh, ihren Anwalt, Javid Houtan Kiyan, sowie zwei deutsche Journalisten fest. Berichten zufolge hatte  Sajjad Qaderzadeh den Journalisten im Beisein des Rechtsanwalts ein Interview über das Schicksal seiner Mutter gegeben. Am 12. Dezember 2010 wurde er gegen eine Kaution aus der Haft entlassen.

Am 15. November 2010 machten Sakineh Mohammadi Ashtiani, ihr Sohn Sajjad Qaderzadeh, ihr Anwalt Javid Houtan Kiyan und zwei deutsche Journalisten im iranischen Fernsehen Aussagen, in denen sie sich selbst beschuldigten. Amnesty International glaubt, dass diese Aussagen unter Zwang gemacht wurden. Sie dürfen nicht als Beweismittel vor Gericht akzeptiert werden.

Am 10. Dezember 2010, einem Freitagabend, kam es erneut zu einer makabreren Inszenierung im iranischen Fernsehen. Im englischsprachigen Nachrichtensender Press TV musste die kurzzeitig aus dem Gefängnis freigelassene Sakineh Mohammadi Ashtiani den angeblichen Mord an ihrem Mann nachspielen. In Interviews und nachgestellten Szenen wurde versucht, das Verbrechen zu „rekonstruieren“ und die Schuld der 43-Jährigen zu „beweisen“. Es ist nicht bekannt, unter welchen Umständen der TV-Beitrag zustande kam und wie es zur Mitwirkung von Frau Ashtiani bei der Sendung kam. Press TV ist ein staatlich iranischer Satellitensender für das Ausland. Amnesty International verurteilte das abermalige Vorführen von Frau Ashtiani im Fernsehen auf das Schärfste. „Es scheint, als nutzten die iranischen Behörden die iranischen Medien als Mittel, um sie als eine gefährliche Verbrecherin darzustellen, die es verdient, hingerichtet zu werden, kommentierte Philip Luther, stellvertretender Leiter der Abteilung Nahost und Nordafrika bei Amnesty International.

Am 1. Januar 2011 setzten Justizvertreter eine kurze Pressekonferenz mit Frau Ashtiani an. Vor Medienvertretern kritisierte Sie, dass viele Menschen ihren Fall “ausgebeutet” hätten. Frau Ashtiani kündigte an, dass sie die beiden deutschen Reporter verklagen wolle, da diese “Schande über mich und das Land gebracht” hätten.

Amnesty geht davon aus, dass mindestens neun weitere Frauen und vier Männer derzeit in Iran zum Tod durch Steinigung verurteilt sind. Seit 2006 wurden mindestens sechs Menschen dort gesteinigt. Berichte über gerichtlich verhängte Steinigungsurteile hat es in den letzten Jahren nur noch aus Iran gegeben, obwohl diese Hinrichtungsmethode auch in einigen anderen Ländern und Gebieten gesetzlich verankert ist.

Weitere Informationen finden Sie in dem Amnesty-Bericht: Nein zu Steinigungen!.

WERDEN SIE AKTIV.
Fordern Sie die Verantwortlichen in Iran auf, Sakineh Ashitani nicht hinzurichten und ihren Fall umfassend zu überprüfen [hier].

Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 02. Januar 2011