Die zur Tatzeit Minderjährige Rizana Nafeek ist in unmittelbarer Gefahr, öffentlich mit dem Schwert enthauptet zu werden.
Die heute 22-jährige Rizana Nafeek stammt aus Sri Lanka und arbeitete im Königreich Saudi-Arabien als Hausangestellte. Am 16. Juni 2007 wurde sie wegen eines Mordes zum Tode verurteilt, den sie im Alter von 17 Jahren begangen haben soll. Als Vertragsstaat der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen ist Saudi-Arabien jedoch verpflichtet, keine Straftäterinnen und Straftäter hinzurichten, die zum Tatzeitpunkt jünger als 18 Jahre alt waren.
Rizana Nafeek war im Mai 2005 in Jeddah wegen des Verdachts festgenommen worden, ein Kleinkind, das sich in ihrer Obhut befunden hatte, getötet zu haben. Sie befand sich zu diesem Zeitpunkt erst seit wenigen Wochen im Land. Weder während der Verhöre noch im Verlauf des Gerichtsverfahrens hatte sie offenbar Zugang zu einer anwaltlichen Vertretung. Das “Geständnis”, das sie während des Polizeiverhörs unter Zwang abgelegt haben soll, hat sie inzwischen widerrufen. Bei dem Mann, der ihre Aussagen vom Tamilischen in die saudische Sprache übersetzte, hatte es sich nicht um einen diplomierten Übersetzer gehandelt. Möglicherweise sind dadurch einige nicht korrekte Formulierungen in die übersetzte Aussage eingeflossen.
Die junge Frau teilte den saudischen Behörden mit, dass sie im Februar 1988 geboren wurde, was jedoch nicht berücksichtigt wurde, weil in ihrem Reisepass der 02. Februar 1982 angegeben ist. Amnesty International vorliegenden Informationen zufolge ist keine ärztliche Untersuchung zur Bestimmung ihres Alters durchgeführt worden, auch bekam Rizana Nafeek keine Gelegenheit, ihre Geburtsurkunde vorzulegen, die belegt, dass sie erst im Februar 1988 zur Welt gekommen ist und somit zum Tatzeitpunkt jünger als 18 Jahre alt war. Am 25. Oktober 2010 wies der Oberste Gerichtshof in Riad ein gegen das Todesurteil eingelegtes letztes Rechtsmittel ab.
Amnesty International appelliert an den König, das Todesurteil gegen Rizana Nafeek nicht zu ratifizieren und dadurch ihre Hinrichtung zu stoppen. „Es wäre ungeheuerlich, wenn Rizana Nafeek wegen dieses Verbrechens hingerichtet würde“, sagt Malcolm Smart, Leiter des Nahost- und Nordafrikaprogramms bei Amnesty International. „Es scheint, dass sie zum Tatzeitpunkt selbst noch ein Kind war. Zudem gibt es ernste Zweifel an der Fairness ihres Gerichtsverfahrens.“
Die Todesstrafe wird in Saudi-Arabien häufig angewendet. Gerichtsverfahren entsprechen bei weitem nicht den internationalen Standards für einen fairen Prozess und finden hinter verschlossenen Türen statt. Die Angeklagten bekommen nur selten einen Rechtsbeistand und können einzig und allein aufgrund von „Geständnissen“ verurteilt werden, die unter Nötigung oder Irreführung zustande gekommen sind. Unverhältnismäßig viele Todesurteile ergehen gegen arme Angeklagte, darunter viele Arbeitsmigrantinnen und –migranten aus Asien und Afrika. Saudi-Arabien ist eines der ganz wenigen Länder weltweit, dass jugendliche Straftäter hinrichtet. 2009 wurden mindestens zwei 17-Jährige exekutiert.
WERDEN SIE AKTIV.
Fordern Sie die Verantwortlichen in Saudi-Arabien auf, das Todesurteil gegen die 22-Jährige umzuwandeln [hier].
Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 27. Oktober 2010