Das Parlament des südamerikanischen Staats Guyana hat am 14. Oktober 2010 einstimmig die für Mord zwingend vorgeschriebene Todesstrafe abgeschafft. Die National Assembly beschloss, nur Straftäterinnen und Straftäter von dieser Regelung zukünftig auszunehmen, die des Mordes an Zeugen oder Geschworenen, an Angehörigen der Strafverfolgungsbehörden oder an Justiz- und Strafvollzugsbeamten im Dienst für schuldig befunden werden. Für diese Tatbestände kann weiterhin die Todesstrafe verhängt werden, allerdings ist auch eine lebenslange Haftstrafe zulässig. Alle anderen Tötungsdelikte werden nun mit Strafen geahndet, die zwischen 15 Jahren und lebenslanger Haft liegen. Diese Gesetzesänderung eröffnet den Gerichten die Möglichkeit, bei der Strafzumessung Entscheidungsspielräume zu nutzen und strafmildernde Umstände zu berücksichtigen.
Nach der Parlamentsabstimmung forderten Rechtsanwälte für rund 40 Todeskandidaten, deren Todesstrafen umzuwandeln. Ihr Schicksal liegt nun in den Händen des Begnadigungsausschusses. Die für Rechtsangelegenheiten zuständige Sprecherin der Opposition, Clarissa Riehl, sprach sich gegenüber Medienvertretern dafür aus, Gefangenen, die bereits mehr als 10 Jahre in der Todeszelle verbracht haben, die Todesstrafe zu erlassen und stattdessen sie in lebenslange Haft umzuwandeln.
Guyana ist der einzige südamerikanische Staat, der die Todesstrafe weiterhin anwendet. Todesurteile werden durch den Strang vollstreckt. Seit 1985, als ein 15-jähriges Hinrichtungsmoratorium beendet wurde, sind 22 Menschen ausnahmslos wegen Mordes hinrichtet worden. Die letzte Exekution fand am 25. August 1997 statt, als zwei des Mordes Überführte am Galgen starben. Nach Amnesty International vorliegenden Berichten wurden nahezu in jedem Jahr Todesurteile wegen Mordes verhängt.
Trotz der nun erfolgten Teilabschaffung der Todesstrafe erteilte das Präsidialamt Forderungen nach einem generellen Hinrichtungsstopp eine Absage.
Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 23. Oktober 2010