Die Behörden in Belarus (Weißrussland) ignorieren weiterhin die internationalen Forderungen, ein Moratorium (Stopp) für die Todesstrafe zu erklären. Dies haben Amnesty International und das Belarussische Helsinki-Komitee am 30. Juni 2009 in einer Presseerklärung moniert. Anlass zur Kritik sind Informationen, wonach das Bezirksgericht von Brest am Vortag gegen einen 30-jährigen Mann wegen Serienmordes die Todesstrafe verhängt hat. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Das Todesurteil erging weniger als eine Woche, nachdem die Parlamentarische Versammlung des Europarates (PACE) am 23. Juni für die Wiederherstellung des Sondergaststatus des weißrussischen Parlaments beim Europarat votiert hatte. Diese Entscheidung der PACE ist jedoch daran geknüpft, dass Belarus als Vorbedingung ein Moratorium für die Vollstreckung der Todesstrafe erklärt.
„Dieses Todesurteil ist der eindeutige Beweis dafür, dass es entgegen den Beteuerungen der Regierung kein De-facto-Moratorium in Belarus gibt. Wir müssen darauf gefasst sein, dass weiterhin Hinrichtungen stattfinden können“, sagt Nicola Duckworth, Leiterin des Europa- und Zentralasien-Programms von Amnesty International in London. „Es ist höchste Zeit, dass sich Belarus den Ländern in Europa und Zentralasien anschließt und der Todesstrafe den Rücken kehrt, indem es ein offizielles Moratorium als ersten Schritt in Richtung Abschaffung dieser Strafe erklärt.“ Belarus ist das einzige Land in ganz Europa, das noch Todesurteile verhängt und vollstreckt.
Am 21. Januar 2009 hatte der Generalstaatsanwalt, Gregory Vasilevich, gegenüber der Presse erklärt, dass im Jahr 2008 ein Todesurteil gefällt worden sei, während am 25. Juni der Präsident des Obersten Gerichtshofs, Valentin Sukala, von zwei Todesurteilen im vergangenen Jahr sprach. Der Vorsitzende des Belarussischen Helsinki-Komitees, Aleh Hulak, wertet solche Widersprüche als Beleg für das völlige Fehlen von verlässlichen und öffentlich zugänglichen Daten über die Todesstrafe in Weißrussland.
Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 01. Juli 2009