Im Morgengrauen des 1. Mai ist Delara Darabi im Gefängnis gehängt worden. Die junge Frau (22) war Ende Februar 2005 wegen eines Mordes, den sie im Alter von 17 Jahren begangen haben soll, zum Tode verurteilt worden. Das Völkerrecht verbietet jedoch die Verhängung der Todesstrafe gegen zur Tatzeit minderjährige Straftäter ausdrücklich. Mit der Vollstreckung dieses Todesurteils verletzt Iran einmal mehr seine eingegangenen internationalen Verpflichtungen.
Laut Berichten brachen Delara Darabi und ihr damals 19-jähriger Freund Amir Hossein im September 2003 in das Haus einer 58 Jahre alten Kusine von Delaras Vater ein. Amir Hossein soll die Frau während des Einbruchs ermordet haben. Delara Darabi gestand den Mord zunächst. Ihren Angaben zufolge hatte Amir Hossein sie darum gebeten, die Verantwortung für den Mord zu übernehmen, um ihn vor der Hinrichtung zu bewahren. In der Annahme, dass sie als Minderjährige nicht zum Tode verurteilt werden könnte, willigte sie ein. Sie zog später ihr Geständnis zurück und behauptete, dass sie während des Einbruchs unter dem Einfluss von Beruhigungsmitteln gestanden habe. Seit ihrer Festnahme im Jahr 2003 befand sie sich im Gefängnis von Rasht im Norden Irans. Während dieser Zeit entwickelte sie ein anerkanntes Talent als Malerin.
„Amnesty International ist empört über die Hinrichtung von Delara Darabi und auch über die Nachricht, dass ihr Anwalt entgegen der gesetzlichen Verpflichtung nicht 48 Stunden vor der Vollstreckung des Todesurteils davon in Kenntnis gesetzt wurde,“ sagt Hassiba Hadj Sahraoui, stellvertretende Direktorin des Nahost- und Nordafrika-Programms von Amnesty International. „Das war anscheinend ein zynischer Schachzug von Seiten der Behörden, um nationale wie internationale Proteste zu vermeiden, die möglicherweise das Leben von Delara Darabi gerettet hätten.“
Delara Darabi wurde exekutiert, obwohl ihr erst am 19. April 2009 von der Obersten Justizautorität (Leiter der Justizbehörden) ein zweimonatiger Hinrichtungsaufschub gewährt worden war. Ihre Familie durfte nicht persönlich von ihrer Tochter Abschied nehmen. Damit wurde ihr ein vom Gesetz garantiertes Recht verweigert. Amnesty International ist der Auffassung, dass Delara Darabi kein faires Gerichtsverfahren gewährt wurde. So lehnten Gerichte später Beweismittel ab, von denen ihr Rechtsanwalt sagte, sie seien geeignet gewesen zu belegen, dass sie nicht den Mord begangen haben konnte.
Seit 1990 sind in Iran mindestens 43 zur Tatzeit minderjährige Straftäterinnen und Straftäter hingerichtet worden, davon acht Personen im Jahr 2008 und zwei 2009. Die Islamische Republik Iran ist aktuell das einzige Land der Welt, von dem bekannt ist, dass es unter 18-jährige Straftäter zum Tode verurteilt und exekutiert. Die Todesstrafe wird in Iran an Jugendlichen in der Regel vollstreckt, sobald diese in der Haft das 18. Lebensjahr erreicht haben. Über 130 zur Tatzeit Minderjährige sind derzeit vom Vollzug der Todesstrafe bedroht. Nach Informationen von Amnesty International sind in diesem Jahr landesweit bereits 140 Gefangene gehenkt worden.
Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 1. Mai 2009
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