Auch unter der neuen Regierung des konservativen Ministerpräsidenten Taro Aso geht das staatliche Töten weiter. Am frühen Morgen des 28. Oktober sind erneut zwei verurteilte Mörder am Galgen gehenkt worden. Die Hingerichteten waren 55 und 70 Jahre alt. Kaum im Amt, hatte Justizminister Eisuke Mori entsprechende Vollstreckungsanordnungen unterzeichnet. Diese Exekutionen sind besonders empörend, erfolgten sie doch nur Tage bevor die Vereinten Nationen Beratungen über eine Resolution aufnehmen, die erneut alle Staaten weltweit auffordern wird, Hinrichtungen sofort zu stoppen.
Neben den USA ist Japan eines der ganz wenigen hoch industrialisierten und demokratischen Länder, in dem Hinrichtungen stattfinden. Das ostasiatische Land hat in diesem Jahr bereits 15 Menschen exekutiert, soviel wie in keinem der zurückliegenden 30 Jahre. Mehr als 100 zum Tode Verurteilte sitzen derzeit in japanischen Gefängnissen ein. Die Hinrichtungen sind in Japan traditionell von großer Geheimhaltung umgeben. Gefangene werden erst am Morgen des Tages ihrer Hinrichtung von der Vollstreckung der Todesstrafe in Kenntnis gesetzt. Diese Praxis bedeutet, dass die Gefangenen ihre oft jahrelange Zeit in der Todeszelle in der ständigen Befürchtung verbringen, dass sie jederzeit hingerichtet werden können.
Amnesty International kritisiert die Hinrichtungen scharf. Die Menschenrechts-organisation hatte erst kürzlich anlässlich des Internationalen Tags gegen die Todesstrafe am 10. Oktober nachdrückliche die japanische Regierung aufgefordert, alle Hinrichtungen sofort einzustellen und die Todesstrafe endgültig abzuschaffen.
Am 4. November 2008 sagte Justizminister Eisuke Mori bei einer Pressekonferenz nach der Kabinettssitzung: „Es ist nicht zweckmäßig, die Todesstrafe zu beenden.“ Er reagierte mit seinen Bemerkungen auf den UN-Menschenrechtsausschuss, der Japan Ende Oktober aufgefordert hatte, ein Ende der Todesstrafe in Betracht zu ziehen, und zwar unabhängig von der öffentlichen Meinung, die ihre Beibehaltung favorisiert. In seinem ersten Bericht über Japan seit 10 Jahren erklärte das UN-Gremium, die japanische Regierung habe die Verantwortung, die Diskussion über die Abschaffung der Todesstrafe zu lenken. Der Ausschuss mahnte das Land, durch Menschenrechtsbildung seine Bürgerinnen und Bürger davon zu überzeugen, dass die Abschaffung der Todesstrafe wünschenswert ist.
Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 7. November 2008