Zwei Gesetzesinitiativen der Regierung zur Abschaffung der Todesstrafe scheiterten im Dezember 1990 und im Juni 1997 am Widerstand des Senats. Der dritte Anlauf war dann erfolgreich: Am 1. November 2000 gab der Senat seine Verweigerungshaltung auf und beschloss, die bis dahin seit 126 Jahren geltende Todesstrafe zumindest für in Friedenszeiten begangene Straftaten abzuschaffen. Am 29. Mai 2001 setzten der damalige Präsident Ricardo Lagos und der Justizminister mit ihrer gemeinsamen Unterschrift das Gesetz in Kraft, das die lebenslange Freiheitsstrafe als Höchststrafe für Gewaltverbrechen vorsieht. Sie ist bei 33 Straftatbeständen zulässig. Ein zu lebenslanger Haft Verurteilter kann erst nach 40 Jahren Haftzeit einen Antrag auf vorzeitige Entlassung stellen.
Vier Tatbestände, darunter Hochverrat und Spionage, verblieben noch im Militärstrafrecht und hätten in Kriegszeiten mit der Todesstrafe geahndet werden können. Eine Reform des Militärstrafgesetzbuchs schaffte nun die Voraussetzung, dass Chile am 26. September 2008 das Zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie das Protokoll zur Amerikanischen Menschenrechtskonvention am 16. Oktober 2008 ratifizieren konnte. Beide Abkommen haben die Abschaffung der Todesstrafe zum Inhalt. Damit ist Chile der 93. Staat der Erde, der vollständig auf die Todesstrafe verzichtet.
In der Rechtsgeschichte Chiles wurde die Todesstrafe nach offiziellen Angaben in 58 Fällen vollstreckt, in der Hälfte der Fälle wegen Raubmordes. Die erste Hinrichtung fand am 3. Februar 1890 statt. Zuletzt wurde 1985 das Todesurteil an zwei ehemaligen Polizisten wegen Mordes und Vergewaltigung durch ein Erschießungskommando vollstreckt.
Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe, 23. Oktober 2008