USA: Hinrichtung nicht aufzuhalten

© Alli McCracken

Benjamin Cole ist wie geplant am 20. Oktober 2022 im Bundesstaat Oklahoma in den USA hingerichtet worden. Er wurde im Dezember 2004 wegen der Tötung seiner neun Monate alten Tochter zum Tode verurteilt.

Benjamin Coles Rechtsbeistände hegten seit langem ernsthafte Zweifel an dessen geistigen Fähigkeiten. Aufgrund einer lange bestehenden psychosozialen (geistigen) Behinderung seien diese eingeschränkt. Bei ihm wurden im Jahr 2008 eine paranoide Schizophrenie und eine Hirnschädigung diagnostiziert. Berichten zufolge wurde diese während der jahrelangen Haft im Todestrakt nicht behandelt, sodass sich sein Zustand weiter verschlechtert habe. Benjamin Cole nutzte zuletzt einen Rollstuhl.

Keine Gnade

Nachdem der Begnadigungsausschuss von Oklahoma am 27. September 2022 ein Gnadengesuch für Benjamin Cole mit vier Stimmen zu einer zurückgewiesen hatte, lehnten sowohl die Gerichte auf bundesstaatlicher als auch auf Bundesebene die Ansetzung einer weiteren Anhörung ab. In dieser Anhörung wäre es darum gegangen, ob Benjamin Cole wegen seiner geistigen Einschränkung überhaupt hätte hingerichtet werden dürfen, also ob er verstehen konnte, warum und wie er hingerichtet werden sollte. Eine Person hinzurichten, die nicht in der Lage ist, ihre Strafe rational zu erfassen, verstößt gegen die US-Verfassung. Die Hinrichtung durch die Giftspritze wurde ungeachtet dessen vollzogen und Benjamin Cole am 20. Oktober um 10:22 Uhr Ortszeit für tot erklärt. Es sind in den USA schon viele Menschen mit schweren geistigen Beeinträchtigungen exekutiert worden.

Nach bundesstaatlichem Recht kann der Gouverneur von Oklahoma nur dann einem Gnadengesuch stattgeben, wenn eine Empfehlung des Begnadigungsausschusses vorliegt. Nach Benjamin Coles Hinrichtung äußerte sich einer seiner Rechtsbeistände wie folgt: „Benjamin Cole war ein Mensch mit einer schweren geistigen Behinderung. Seine Schizophrenie und Hirnschädigung blieben viele Jahre lang unerkannt und unbehandelt, was letztlich zu der tragischen Straftat geführt hat, für die er nun hingerichtet wurde. Während seiner Zeit im Todestrakt ist Ben in seine eigene dunkle Scheinwelt entglitten. Obwohl ich ihn viele Jahre als Rechtsbeistand betreut habe, war es Ben oft unmöglich, mit meinen Kolleg*innen und mir auf sinnvolle Art zu kommunizieren. Mit der Verschlechterung von Bens körperlicher Gesundheit ging auch sein geistiger Verfall einher. Immer mehr entglitt er der Realität; er weigerte sich, seine Gefängniszelle zu verlassen, konnte sich nur noch wenig und unter großen Mühen bewegen und sprach nur noch selten mit anderen Menschen. Es ist als Zumutung anzusehen, dass der Bundesstaat Oklahoma Ben eine Anhörung darüber verweigert hat, ob er hätte hingerichtet werden dürfen und ob er die Strafe überhaupt rational erfassen konnte. Ben konnte nicht rational nachvollziehen, warum der Bundesstaat Oklahoma ihm heute das Leben genommen hat.“

In diesem Jahr gab es bereits zwölf Hinrichtungen in den USA, vier davon in Oklahoma. Momentan sind bis Ende 2024 insgesamt 23 Hinrichtungen im Bundesstaat Oklahoma angesetzt.

Vielen Dank allen, die mit Appellen versucht haben, die Hinrichtung zu verhindern.

6. November 2022